Die Geduld erobert dich nicht

Dass ich gestürzt bin, hat sich mittlerweile „herumgesprochen“. Gips habe ich bisher immer bei anderen gesehen. Jetzt ziert er meinen linken Fuß. Wer das Knie mit einer bestimmten Wucht auf einen Stein setzt, der hat mit Folgen zu rechnen. So erging es mir. Stürzen, aufstehen, sich hinsetzen, sich innerlich richten und selber zurückgehen. Hilfe empfangen. Das Blut rinnt rot und viel. Das ist gut für die Wunde, habe ich als Kind gehört. Ich spüre: Ab jetzt geht es nicht so, wie ich es gewohnt bin, dass es geht, dass ich gehe. Seit ein paar Tagen bin ich eingegipst und das Bein versteift. Vieles ist damit unterbrochen. Wie kommt Neues ins Leben? An Engstellen und Unterbrechungen. Es braucht andere Zugänge. Hinsetzen ist – ganz gleich wo – nicht so einfach. Von A nach B auch nicht. Verlangsamung tritt ein. Die verordnete Langsamkeit als Vorgabe.

Es wird ein bisserl dauern

Ich bin zwar arbeitsmäßig viel mit „Ordensspitäler“ verknüpft. Das ist anders. Jetzt bin ich selber im Spital als Patient angedockt. In keinem Ordensspital, sondern dem Anlass entsprechend im „Unfall“ in Linz. Zuerst bei der Erstaufnahme. Drei Tage später in der Nachbehandlung. Und heute noch einmal. Drei Mal habe ich die Ansage gehört: „Nehmen Sie bitte Platz. A bisserl wird es schon dauern.“ Die Warteplätze sind heute zu 90 % besetzt. Natürlich kann ich mir ausmalen, dass es „a bisserl“ dauern wird. Noch dazu habe ich mein Büchlein „Glückliche Genügsamkeit“ daheim vergessen, in dem ich lesen wollte. Mit einem Gong-Geräusch werden die Namen am Bildschirm sichtbar. Die Namen sind für mich eine Ablenkung. Ich sehe sie als Litanei derer, die auf Heilung hoffen. Manche hoffen, nur ganz wenige Gesichter haben den „Anspruch“ im Gesicht. Es ist vorwiegend Gelassenheit, die ich spüre. „Da heißt es, sich in Geduld üben.“ Eine Frau neben mir spricht den Punkt an: Geduld. Wahrscheinlich strahle ich sie noch nicht aus. Und ich spüre: Das ist gerade mein Learning in diesen Tagen. Geduld. Ich durfte heute lange üben. Klar geworden ist mir wieder einmal, was ohnehin klar ist. Geduld kommt nicht einfach daher. Geduld wächst von innen heraus. Da braucht es das Atmen. Bewusst und gelassen. Das macht bei mir einen gelassenen Blick auf das, was um mich ist. Ich sehe, ich spüre, wie Menschen „Erleichterung“ suchen. Und ich denke an Menschen auf der Weltkugel, die kein solches Spital aufsuchen können, weil es keines gibt, sie keinen Zugang haben. Das macht still und dankbar. Ich bin da. Ich sehe ein Schauen, manchmal sogar ein lächelndes Schauen. „Können sie mir bitte hier schnell auf meine Sachen aufpassen?“ So bittet die ältere Frau, die vor mir da war. „Natürlich.“ Achtsamkeit kommt dazu. Atmen, schauen, achten, lächeln. Ich werde ruhiger, obwohl es immer länger dauert. Noch bevor ich aufgerufen werde, hat die Intensiv-Lektion „Geduld“ ergeben: Geduld erobert mich nicht. Sie wächst in mir.

 

2 Kommentare

    • Theodor Quendler auf 31. Mai 2016 bei 15:01

    Ja, ich sehe eine unerwartet ungewöhnliche Situation, insbesondere für Dich als immer „umtriebigen Aktiven“. Ich wünsch Dir, gute Heilung und Wiederherstellung eines wichtigen Teil des Beins! Theo

  1. Jetzt hab‘ ich’s auch kapiert: du bist lädiert! O je! Aber wird schon wieder! Ich wünsche dir baldige Besserung! Und: Geduld! Liebe Grüße, Kristin

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