Die Ja-Sager sind die Totengräber

wolf120. Stock. Eine tolle Sicht auf Wien. Die Abendsonne wärmt den Raum. Wirtschafts- und speziell Bankleute hören den obersten Benediktiner Abtprimas Notger Wolf. Die Benedikt-Regel in der Wirtschaft. Ich selber bin gespannt, wie direkt er Ordensmann die Dinge beim Namen nennt. Ich entscheide mich zu twittern. 144 Zeichen sind nicht viel und doch höre ich ein paar Aussagen, die in diesem Raum vielleicht nicht so oft fallen.

Veränderung noch nicht wirklich wahrgenommen

„Haben Veränderung noch nicht wirklich wahrgenommen“, tippe ich ein. Wolf spricht von der digitalen Welt und erzählt von Menschen, die nur mehr ins  Navi schauen und keinen Überblick mehr haben. Der Hirnforscher Prof. Singer hat uns das eindringlich erklärt, dass bei Navi-Nutzern der Orientierungssinn gelöscht wird. Das scheint mir in der Wirtschaft heute auch der Fall zu sein. Der dauernde Blick in die „Excel-Listen“ löscht den Überblick, den Gesamtzusammenhang, die Welt davor und dahinter und danach. Es geht nur mehr um Zahlen, um Gewinn. Deshalb spricht Wolf von einer sinnvollen Tätigkeit, die jeder Mönch (und er meint hier jeden Menschen) braucht. Und Sinn macht es, wenn meine Tätigkeit in einem gut sichtbaren und erlebbaren Ganzen eingebunden ist. Genau davon wird der Mensch heute durch die digitalen Möglichkeiten abgeschnitten.

Ja-Sager

wolf2„Die Ja-Sager sind die Totengräber. Es braucht Atmosphäre der Kommunikation, Transparenz und keine Manipulation. #Führung #Offenheit“. Das ist mein Tweet. Es fallen mir zwei Sätze ein, die ich in letzter Zeit immer wieder höre: „Wer in der Erbsensuppe schwimmt, glaubt, die Welt ist grün.“ Und noch viel anschaulicher ist diese Wahrnehmung. Die englische Königin glaubt, dass England frisch gestrichen ist. Wenn sie kommt, riecht immer alles frisch gestrichen. Die Eliten heute leiden unter der eingeschränkten Wahrnehmung. Die Membran zum Volk hin ist der Distanzhalter. Die Bischöfe glauben ja auch, dass die Kirchen voll sind. Immer, wenn sie da sind, sind sie voll. Wolf schildert sehr eindringlich, dass es für einen Abt wichtig ist, den Kritikern und vor allem den Jungen genau zuzuhören. Und meine Tweets schauen so aus: „Querdenkern Platz geben. #Führung .@ordensgem_at Oft gibt Gott den Jüngeren die guten Ideen. Neue Denke anhören.“ Dann redet Wolf in Richtung der Führungskräfte im Raum: „#Führung muss der erste Störenfried einer Organisation sein gegen den Stillstand.“ Ich gehe als Nachlese zum Klavierkonzert von Sr. Joanna mit Texten von Willi Bruners in das Quo Vadis. Dort höre ich einen Text über die „Liturgie der freien Rede“und von der „Demut der Fragen gegen die Sicherheit der Behauptung“.