Ein Bischof für die Bischöfe

romeroKreuz & Quer gehört sicher zu den Leuchttürmen des ORF. Soviel ich weiß, genießt die Religionsabteilung gerade wegen ihrer tiefblickenden und weit machenden Themen innerhalb des ORF großes Ansehen. Und das bedeutet etwas unter Medienschaffenden. Gestern war wieder ein Moment, wo das sichtbar und spürbar wurde. Kreuz & Quer zeigte den Film über Oscar Romero. Der vom Vatikan (Johannes Paul II) lange Zeit nicht verstandene und bewusst in die dritte Reihe gestellte Erzbischof Oscar Romero wurde am vergangenen Samstag selig gesprochen. Er war ursprünglich kein Befreiungstheologe. Erst die katastrophalen sozialen Zustände in El Salvador machten ihn zu einem konsequenten Anwalt der Unterdrückten. Er wurde „gewandelt“ durch das genaue Hinschauen, die Orientierung am Evangelium und die Kraft der Empathie. Im Volk ist er längst ein Heiliger. Für Papst Franziskus mit seiner unerschrockenen Sichtweise ebenso. Die gesellschaftlichen Eliten zusammen mit den damaligen kirchlichen Machteliten sehen heute, dass ihr Denken und Handeln falsch war. Nicht Romero „irrte“, sondern die vatikanische Hierarchie war der weltlichen Macht bis in die USA „untertänig“. Wem dienst du mit deinem Leben? Wie kommt mehr Liebe und Gerechtigkeit in die Welt? Das sind die Kernfragen an die Bischöfe. Damals und heute. Und natürlich auch an uns.

Oscar Romero als Vorbild für das „Format Bischof“

Aus meiner Sicht zeichnet Romero aus, dass er sich „anrühren“ ließ. So viele Bilder im Film zeigen die Nähe zum Volk. Er geht mitten unter den Menschen, kein Zeremoniär dabei, keine Distanzhalter. Er konnte das Volk „riechen“ und sie ihn anfassen. Er setzte seine Autorität mitten in das Volk hinein und die Militärs mussten weichen. Er verhandelte nicht in Palästen für das unterdrückte Volk, sondern ging zusammen mit dem Volk in die Auseinandersetzungen. Es waren seine Predigten bei den Gottesdiensten, die im ganzen Land gehört wurden. Es waren nicht Ansprachen, sondern aus dem Evangelium herrührendes Wort hinein in die unterdrückende Situation. Er hat es gemacht, wie Papst Franziskus heute. Er feiert Gottesdienst, hörte das Evangelium und darin sieht er das Leben. Genau diese unmittelbare Orientierung am Evangelium macht ihn „radikal“ (wie manche heute meinen). Ja, das Evangelium geht an die Wurzel und kommt von der Wurzel. Da weicht jede leere Frömmigkeit und jedes Getue. Selbstbeweihräucherung hat dort keinen Platz. Romero ist als Mensch, als Christ und dann als Bischof unter und mit den Menschen. Nicht bei den Eliten, den Wohlhabenden, den Mächtigen, sondern auf Seite der Unterdrückten, der Geschundenen, der Ausgebeuteten, der „Überflüssigen“, wie sie Ilija Trojanow nennt. Wenn Romero jetzt heilig gesprochen wird, dann erkennt die Amtskirche heute, dass sie damals falsch lag. Auch der damalige Linzer Bischof Gföllner wollte Franz Jägerstätter zum Militärdienst überreden. Es gibt unzählige Beispiele, wo sich die Hierarchie-Kirche später korrigiert hat. Jetzt sehe ich, dass Bischöfe in Österreich recht still und fromm sind, unauffällig, gut kooperierend mit den gesellschaftlichen Eliten. Sie haben es auch nicht einfach, weil die Machteliten es gut verstehen, die Bischöfe zu halten. Sie sitzen bei Staatsakten in den ersten Reihen. Sie sind in VIP-Bereichen unterwegs, zelebrieren Festgottesdienste mit Distanzhaltern zum Volk. Mit dieser Seligsprechung gibt Papst Franziskus ein neues Format Bischof vor. Mutig, im Volk lebend, gegen Ungerechtigkeit kämpfend, direkt am Evangelium, angstfrei, gottverbunden. Wäre das nicht auch etwas für Linz?