#Öffi: Ist es Ignoranz oder Gewohnheit?

Haselgraben B126

Haselgraben B126

Der Mittagsbus zieht behutsam seine Schleifen hinunter vom Bergdorf in den Haselgraben. Gute 400 Höhenmeter sind zu bewältigen. Deshalb ein paar steile Serpentinen, die die Bezeichnung Bergdorf rechtfertigen. Mein Ziel heute ist die Tagung der Höheren Oberinnen in Vöcklabruck. Diese Zeilen notiere ich im IC. Bis dahin bin ich zwei Mal umgestiegen. Bus Bus und Bus ÖBB. Der Bus Bus Umstieg oberhalb der Speichmühle auf der vielbefahrenen Bundesstraße lässt mir heute keine Ruhe. Es ist nichts passiert und trotzdem regt er mich auf, der Busfahrer.

Umsteigen als Dienstleistung mit Sicherheitseffekt

Fahrschleife

Fahrschleife

„I spü a Liad für di“ lässt sich der Buschaffeur aus dem Regioalradio durch seine Ohren ins Gehirn liefern. Dass ich hier mithören muss, finde ich für mein Musikempfinden nicht erhellend, aber es ist OK, dass ein Buschaffeur (auf dieser Strecke fahren bisher nur Männer) sich emotional mit „seiner“ Musik die Fahrt angenehm gestaltet. Manchmal meinen sie sogar, dass das für alle mitfahrenden Gäste eine Wohltat wäre. Das Lied ist aus und wir steigen um. Es ist immer spannend, ob der Busfahrer die vereinbarte Sicherheits-Schleife fährt oder uns die gefährliche Haselgrabenstraße auf eigene Faust überqueren lässt. Mein Bruder (er ist auch passionierter Öffi-Fahrer) hatte damals die geniale Idee, dass der Bus einfach eine kleine Schleife ausfährt, um die Fahrgäste (Kinder, Erwachsene und Ältere) direkt auf der gegenüberliegenden Seite bei der Haltestelle abzusetzen. Der Bus fährt seine 360° fertig und steht wieder bereit für die Abfahrt mit den neuen Gästen. Keine Baumaßnahmen nötig und maximial eine Minute weg von der Wartezeit – nicht Fahrzeit. Was wurde da alles überlegt: Zebrastreifen, Unterführung. So einfach geht es. Heute: Ginge es.

Heute Unwilligkeit und Wegschauen statt Empathie und Mithelfen

998IMG_6494Der Buschaffeur hat von dieser Sicherheits-Schleife in der Dienstanweisung sicher schon gehört, aber er ist zu „ignorant“. Ich spreche ihn an, während die 3 anderen Fahrgäste aussteigen: „Fahren wir nicht hinüber?“ „Jo, wenns woin fohr i umi!“ Der Unterton ist unwillig. Seine Gewohnheit spricht gegen diese vereinbarte „Sicherheits-Dienstleistung“. Heute waren keine Kinder dabei, aber das Hinüberkommen auf die andere Seite gestaltet sich (siehe Foto) wie ein Spießrutenlauf. Drüben angekommen denke ich mir: Ist es Ignoranz oder Gewohnheit? Einen kurzen Moment kommt die Frage: Ist es etwa Dummheit? „I spü a Liad“ lässt fast auf eine Dreierkombination schließen. Aber das ist jetzt böse von mir. Dass ich in Urfahr eine Jugendliche, die während der Fahrt ihre Straßenschuhe am Sitz positioniert hatte, wo sich andere wieder hinsetzen sollen, wie den Simon von Zyrene ansprechen musste, damit sie mir beim Hinausstellen des Kinderwagens für eine Mutter mit zwei Kleinkindern hilft, hängt mir auch noch nach. Was fehlt der Gesellschaft? Empathie, Aufmerksamkeit, Mitdenken, Mithelfen. Zu scharfer Local Detective? Es ist nur gut, dass es so viele Menschen gibt, die das leben, was die Gesellschaft zusammenhält. „Wie du die Dinge denkst, so wirst du, so strahlst du aus, so kommt es zurück.“

2 Kommentare

    • Quendler Theodor auf 4. März 2015 bei 22:50

    Ja, Ferdinand. Und das bei den sonst eher freundlichen und zuvorkommenden Oberösterreichern. Allerdings den Prinzipien der Logik folgend: Man kann nicht vom Allgemeingültigen auf den Einzelfall zurückschließen oder?!

    • kaineder auf 4. März 2015 bei 22:54
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    Lieber Theodor. Ich schildere ein ganz lokales Ereignis und Erlebnis. Da gab es schon Chauffeure, die mich alleine fahrend direkt bei der Haltestelle abgeliefert haben.

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