Ratlos beim Wachstum

IMG_2399Die SN vom 5. September 2016 sind mir im Zug auf dem Weg nach Wien mit einer besonderen Schlagzeile ins Auge gestochen: „Einig beim Klima, aber ratlos beim Wachstum“. Es ist mittlerweile schon wieder fast ein Jahr her, dass wir als Klimapilger von Wien nach Salzburg Richtung Weltklimagipfel in Paris #COP21 unterwegs waren. Da war beim Klima bei weitem nicht alles klar. Es war unser Ansinnen, den Rucksack der Alternativen auf den etwa 400 km zu füllen und nach Paris zu bringen. Der Rucksack wurde mit unglaublich vielen und wertvollen Projekten gefüllt, die uns darin bestärkt haben, „dass die Welt zu retten ist, dass sie schon gerettet wird“. Und jetzt diese Schlagzeile. Die mächtigsten 20 der Welt sind sich einig, dass das Pariser Abkommen möglichst sofort in den Ländern wie USA oder China umgesetzt wird. Mögen sie sofort beginnen damit und sich an Schnelligkeit überbieten in der Rücknahme der fossilen Brennstoffe etwa. Es ist zu wünschen, dass die Politik die ihr vom Volk gegebene Macht ungebremst einsetzt und den Lobbyverbänden von Öl, Kohle, Atomenergie und anderen „Erd-Räubern“ massiv Einhalt gebietet, ja die Grundlage ihres rücksichtslosen Handelns entzieht. Nur Mut.

Wachstum um jeden Preis

IMG_2391Nachdenklich stimmt mich der zweite Teil der Headline. „Ratlos beim Wachstum.“ So wertvoll die Einsicht beim Klima ist, so unverständlich ist das schier unreflektierte Setzen auf Wachstum. Auch hier wünsche ich den Politikern und Wirtschaftstreibenden ein tieferes Nachdenken, weil Wachstum mittlerweile religiösen Charakter angenommen hat. Ich durfte für das Magazin von Anselm Grün einen Artikel schreiben. Es geht in dieser Ausgabe um die „Faszination Klöster“. Der tiefste Kern der Faszination ist aus meiner Sicht die Sehnsucht des Menschen nach einem „anderen Leben“. Der Beitrag trägt daher den Titel: Sich selber finden, anders leben. Ich erzähle dort von meiner #ganzOhr-Tour. Was sind die Kernfragen des Lebens? Wir fassen die Gelübde heute in diesen drei Worten: einfach. gemeinsam. wach! Ein waches gemeinsames Leben strebt nach Einfachheit. Daher sind aus meiner Sicht die heutigen Kernfragen nicht nach Mehr und Wachstum, sondern gehen in das genaue Gegenteil: Wie geht Reduktion? Wie geht langsamer? Was sind die wirklichen IMG_2392Ressourcen der Zukunft? Heute nachmittag wurde ich vom Österreichtourismus als Pilgerexperte gefragt und ich habe ein längeres Interview zum Pilgern gegeben. Es ging um meine Erfahrungen und was ich aus jedem Pilgern für mein Leben mitgenommen habe. Es sind genau diese Fragen: Wie geht weniger? wesentlicher? tiefer und weiter? die Hingabe an das, was und wer uns entgegenkommt? Die große Politik und Konzernchefs sollten diese Fragen nicht einfach abtun, wegwischen, lächerlich machen. Persönlich bin ich fest überzeugt, dass es nicht Wachstum, sondern ein gerechteres Verteilen braucht. Das schont die Welt und die Menschen. Fast möchte ich den Weltregierenden zurufen: Seid froh, dass ihr beim Wachstum ratlos seid. Sucht einen gerechteren Ausgleich aus dem Geiste der Gelübde heraus: Es geht einfacher, wenn wir gemeinsam wach, hellwach bleiben füreinander. Und genau das macht stark, nicht ratlos.