Songcontest oder Kultinarium

1IMG_8386„Der #ESC interessiert doch keinen Menschen“, hat dieser Tage der namhafter Journalist @CKotanko in Wien auf Twitter geschrieben. „ESC? Was ist das?“ Schon das Fragezeichen ist für eingefleischte Fans des Songcontestes „Blasphemie“. „Ich bin froh, wenn ESC wieder unmissverständlich die Taste ganz links oben ist.“ Wieder auf Twitter. Ich steuere heute eine Beobachtung, eine Erfahrung bei, die ich am Dienstag Abend in Wien gemacht hatte.

Von außen 

2IMG_8384Etwa gegen 19 Uhr habe ich unser Büro in der Freyung verlassen mit der Neugierde, „beim Songcontest am Rathausplatz vorbeizuschauen“. Dort angekommen, fand ich eine imposante Bühne, eine Event-Gastronomie und die Sängerin Zoe und später Celina Ann auf der Bühne. Der Moderator hat sich Mühe gegeben, die aus meiner Sicht noch nicht zahlreichen Besucher „anzukurbeln“. Die riesigen Videowalls mit ihren laufenden Bildern zogen die Augen auf sich. Die Lautsprecher mit der Musik, die ich später bis zur Hofburg hinüber noch gehört habe, eroberten die Ohren. Eine Freundin treffe ich zufällig. Ein Reden miteinander war fast nicht möglich. Die Lautsprecher waren lauter. Die Reize von außen waren zu dominant. „Schön“, dachte ich mir. Ein wenig fühlte ich mich von außen „erschlagen“. Ich fühlte mich „anvibriert“. Vielleicht war ich auch noch nicht „gelockert“. Meine Neugierde war gestillt. Da ich in meiner Wiener Klosterzelle keinen Fernseher habe, hat sich ganz hinten der Gedanke eingeschlichen: Nach 21 Uhr komme ich beim Abendspaziergang nochmals vorbei zur Ausscheidung. Andere fahren extra nach Wien. Ich bin ohnehin da. Ich verlasse den Rathausplatz und höre lange noch das „Spektakel“.

Von innen

5IMG_8402Im Wiener Daheim telefoniere ich noch zwei lange Telefonate. Dann beschließe ich um 21,30 Uhr, nochmals frische Luft zu tanken und das Spektakel des Songcontestes aufzusuchen. Meine Schritte gehen über den Judenplatz in Richtung  Am Hof. Wieder liegt auf einmal ein Vibrieren in der Luft. Mein Blick auf den großen Platz überrascht mich. Der ganze Platz ist voller Menschen. Dicht gedrängt stehen die Menschen beisammen und reden. Der Platz ist erfüllt von einem „Grundton“, der vielleicht mit dem Summen vieler Bienenstöcke vergleichbar ist. Nur tiefer. Hunderte Gespräche bei einem Glaserl Wein, Bier oder alkoholfrei fließen zusammen. Keine Musik, keine Animation. Nur die vielen Gespräche, die zusammenfließen und den Platz erfüllen. 4IMG_8400Viele junge Menschen, die in Gruppen und Grüppchen beisammen stehen. Und reden. Nirgends am Platz – und ich bin herumgegangen – ist es fad. Das Leben sprudelt nur so heraus. Von innen, beim „Burgenländischen Kultinarium„. Ich treffe einen Bekannten. Wir nehmen ein Gläschen Wein in die Hand und erzählen. Und erzählen. Und keine Musik, keine Videowall, kein Moderator muss uns von außen animieren. Es würde nur stören. Es kommt von innen, wie bei den vielen anderen Menschen auch.

Das Evangelium entdecken

7IMG_8404Um 22.30 Uhr – so genau habe ich nicht geschaut – kommt ein Gewitter und ein paar Regentropfen. Die Gläser suchen ihren Weg zurück. Ein wenig „Hektik in aller Ruhe“ kommt auf. Der Himmel meint es aber gut mit uns und lässt es nicht schütten, sondern sagt mit ein paar festen Tropfen nur: Geh nach Hause. Das mache ich. Seit diesem Abend trage ich diese zwei Szenarien, Erfahrungen, Beobachtungen mit mir. Dort eine Unterhaltung von außen an den Menschen herangetragen, herangepustet und dort die Unterhaltung von innen kommend, heraussprudelnd, in ein Gespräch gebracht. Einen Tag später war ich beim Open House der KJÖ. Dort habe ich meine Erfahrung erzählt. Die Frage taucht auf: An welchem Ort findet Kirche mehr statt? Wie kommt das Evangelium zu den Menschen? Über die Videowalls von außen an die Menschen herangetragen? Oder wird es in den hinhörenden Gesprächen von innen entdeckt? Beispiel: „Mission first“ heißt es in der Erzdiözese Wien: Wo jetzt? Am Rathausplatz oder Am Hof?