Balance finden im „Spiel mit viel mehr wesentlich weniger“

„Wenn im Körper etwas nur wächst, dann ist es Krebs.“ Diese Feststellung vor einigen Jahren hat mich sensibel gemacht für den „gängigen Wachstumswahn“ in unserer Gesellschaft, Politik und Werbung. Meine Arbeit für die Ordensgemeinschaften in Österreich hier im Medienbüro in Wien hat mir einen anderen konkreten Weg und die Suche vieler Menschen danach gezeigt. Die Gelübde der OrdenschristInnen (Ehelosigkeit, Armut, Gehorsam) verstehen sich nicht als Einengung, sondern als Öffnung auf einen neuen Freiraum für Gott und die Welt. „Das verstehe ich nicht“, hat schon so mancher oder manche gemeint, wenn ich davon erzählt habe. Klischeebilder in den Köpfen der Leute über Ordensfrauen und Ordensmänner lassen eher die Adjektiva „schwer, geschlossen, lustlos, freudlos und untertänig“ aufkommen. Das mag dort und da schon stimmen, aber mir sind viele „offene, leichte, freudige und selbstbewusste“ Menschen begegnet. Wir kennen das ja woanders her: Wer viel hat, trägt schwer. Das „Gelübde der Einfachheit“, wie ich es mir übersetze, sehe ich nicht nur als Lebensform von Ordensleuten, sondern als Lebensform der Gesellschaft. Die Gesellschaft als ganze würde heil, wenn sie sich dem weiht, der Einfachheit. Wie geht Reduktion? – ist aus meiner Sicht eine zentrale Frage der Politik, der Eliten, der Oligarchen.

Das Maß finden und halten

Wenn mich heute wer fragt, ob „das Christentum“ wo ganz kurz und bündig zusammengefasst ist, dann verweise ich auf die sieben Seiten im neuen Gotteslob unter Nr. 29: Den Glauben leben. Unter Tugenden und Kardinaltugenden steht ein Satz, den ich schon oft meditiert habe: „Maß halten heißt, achtsam die Balance zwischen einem ‚zu viel‘ und einem ‚zu wenig‘ in allem Handeln zu suchen, damit es zum Guten führt. Die Mäßigung bewahrt vor Gier und Abhängigkeit, sie schenkt innere Freiheit und Besonnenheit.“ Da öffnet sich etwas, da tut sich etwas auf, da wird dann etwas leicht. Wir spüren es selber. Es war dann keine weite Strecke, dass genau diese gesellschaftliche Balance das Thema heute ist. Die Idee zu Begegnungen und Gesprächen mit ungewöhnlichen Menschen an ungewöhnlichen Orten war auf einmal da. Heute präsentierten wir diese Video-Reihe „viel mehr wesentlich weniger“. Schon im Anschluss an  die Pressekonferenz hat eine Journalistin gemeint, „ob man das nicht umdrehen sollte“. Wir waren schon mitten drinnen im Balance-Finden zwischen viel, mehr, wesentlich und weniger. Wir wollen nichts festnageln, sondern öffnen. Es ist für mich interessant, dass die Kathpress in ihrer Meldung schon einen Bindestrich gemacht hat. Es geht ja nicht um ein entweder – oder, sondern um die rechte und maßvolle Zuordnung. Es braucht viel mehr Gerechtigkeit und Solidarität. Wesentlich weniger Gewalt täte heute gut. Beim Anblick der übervollen Regale wäre wesentlich weniger hilfreich. Ein Gespräch nährt, wenn es zum Wesentlichen kommt. Manchmal sind auch weniger Worte hilfreich. Und das Spiel geht weiter.

Diese Videos wollen sozusagen ein „Philosophicum“ auslösen, individuell und gemeinsam. Ich möchte euch einfach einladen, „zu schauen und zu hören“. Es war für mich als Moderator sehr bereichernd und nährend, diesen Menschen zuzuhören und persönlich zu begegnen. Es gibt eine Kurzfassung zwischen 2-3 Minuten und dann eine Langfassung mit etwa 20 Minuten.
Kommt und seht.

 

Heini Staudinger  begegnet Abtpräses Christian Haidinger in der Arche Noah in Schiltern

MUT zum WIDERSPRUCH (Kurzversion)

MUT zum WIDERSPRUCH (Langversion)

 

Alfred Komarek begegnet Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer am Kahlenberg in Wien

WENIGER ist WESENTLICH MEHR (Kurzversion)

WENIGER ist WESENTLICH MEHR (Langversion)

 

Toni Knittel begegnet Sr. Joanna Jimin Lee und Sr. Cordis Feuerstein im Lechtal in Tirol

MEHR LOKAL (Kurzversion)

MEHR LOKAL (Langversion)