Das Welt-WC und Tirol

8_venDu liest in der Zeitung. Nicht irgendeine. „Die Zeit“. Die „Tiroler Tageszeitung“. Das „Publik Forum“. Keine Verwandtschaft und doch treffen sie sich heute. Und dann beginnen die Ganglien zu tanzen. Von dort nach da und von drüben nach herüben. Die Themen mischen sich. Zuerst sperrig, dann logisch.

Das WC der Zukunft

„Das Klo der Zukunft“. Wozu brauchen wir den Welttoilettentag? Der 19. November ist dieser besagte Tag. Es ist noch Zeit. Seite 48 im Publik Forum will darauf einschwingen. Und was soll das Ganze? Klar war mir schon vor 30 Jahren, dass nicht alle ChinesInnen so auf das Klo gehen können wie wir. Das Wasser gibt es nicht. So heißt es auch: 2,5 Milliarden Menschen haben keinen würdigen Zugang zu Toiletten. Weltweit gedacht. „Rund eine Milliarde müssen im Freien defäkieren.“ Den Satz muss ich nochmals lesen. Dann kommt die Frage nach dem WC der Zukunft: „Das Klo der Zukunft müsste Wasser und Urin selbständig aufbereiten und im ständigen Kreislauf wieder zur Spülung einsetzen. Die Exkremente werden darin geruchlos getrocknet und gepresst und später als Briketts im hocheffizienten Heizofen verbrannt.“  Indien taucht auf. Die vielen Kanalsysteme unserer Breiten scheinen Vergangenheit zu sein. In jedem Fall wird klar: Die Exkremente sickern und fließen nicht mehr kilometerweise durch die Gegend. Es passiert alles bei mir zuhause. Der Gedanke gefällt mir, weil er als geruchlos geschildert wird.

Sterben die Kleinen wirklich aus?

00_ven„Die Tatsache, dass immer mehr Menschen in Städten leben und ihre Lebensgewohnheiten von dort in den Urlaub mitbringen, führt zu neuen Herausforderungen. Sie wollen per Mausklick, ganz spontan, immer kürzere Reisen buchen. Die Erwartungen an Dienstleistung, Qualität und Komfort steigen. Der Gast ist anspruchsvoller geworden, bewertet alles im großen Vergleich. Und über das Internet und soziale Medien ist es schon im Vorfeld leichter, sich ein glaubwürdiges Bild zu machen.“ Es geht hier in der ZEIT um den Tiroler Fremdenverkehr. Josef Margreiter ist der Steurmann im Tiroler Tourismus. Die Natur trifft auf den Städter. Siehe oben. Große „Tourismusflächen“ scheinen zu bestehen. Kleiner Natur bezogener Touismus bleibt Segment: „Ja, für manch entlegene Region ist der sanfte Tourismus eine Chance. Letztlich braucht es aber doch eine gewisse Infrastruktur. Die Ruhe, die Reinheit der Luft oder der schöne Wanderweg alleine reichen nicht.“ Warum? Dann fragt die ZEIT: „Was jetzt eine gute Nachricht für diejenigen wäre, die nach Stille und Einsamkeit suchen?“ Margreiter: „Genau, es wird sie weiter geben. Und sie werden weiter von einer Minderheit besucht werden.“ Jetzt wird mir klar, dass ich seit Jahrzehnten zur Minderheit gehöre. Ich bin ein Ostttirol-Fan, konkret das Virgen-Tal. Neugierig? Gut so.

Wann ist genug genug?

3_ven„Wann ist genug genug und wann ist oans mehr als koans?“ Das ist die Headline in der TT. Der Tiroler Tobias Moretti hat sich zum 125-Jahr-Jubiläum der Tourismuswerbung in Tirol Gedanken gemacht und bei der Feier in Erl eine viel beachtete Rede über Tirol und den Tourismus gehalten. „Ich bin beeindruckt von der Gesamtleistung und von allem, was die Touristologie da so alles durchanalysiert hat, alles digital und technisch top aufgestellt, alles einbindet. Sie hat also den Schwung der Zeit mitgenommen. Kann nur sein, dass der Touristiker sich damit grad selber abschafft, weil es ihn nimmer braucht.“ Und ich denke an die „digitalisierten Städter“, die „das Land“ suchen. In Tirol. Und was finden sie? „Zu diesem Traditionsmodell des Gastes kommen aber ganz andere Schichten: Die jungen „User“, die, obwohl sie sich nicht auskennen, auch im alpinen Bereich Anspruch ihre Gaudi haben wollen, alle Ressourcen gnadenlos ausnutzen, ohne Rücksicht auf Verluste und das gleich posten; und da setzen wir auch nichts dagegen, sondern warten erst einmal ab. Dann haben wir die Russen, die ihr Hauptinteresse auf die Exklusivität des Standorts legen. Gut ist nur, was teuer ist. Und die Versuchung angesichts dessen, was da im Lande bleibt, ist riesig. Und wir verbiegen uns bis in alle Windungen hinein. Mit einem Bein sind wir traditionell, mit dem anderen hip, mit dem dritten ein lächelnder Diener seiner Herren.“ Da fällt mir ein: Und alle gehen auf das WC. Auf welches? Es geht noch weiter: „Tourismus ist in unserem Lande zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor geworden. Und so wie unser gesamtes globalisiertes Wirtschaftssystem huldigt er dem Dogma grenzenlosen Wachstums: mehr an Nächtigungen, mehr an Aktivitäten etc.“ Mehr WC’s. Aber welche? Die jetzigen oder die zukünftigen. Das WC und Tirol könnten zum „Weltphilosophieren“ anregen. Oder?