Warum lernst du nicht

Drei Tage geht nun 2017 schon mit mir. Wir haben schon allerhand erlebt. Das wollen wir hier nicht ausbreiten. Die ersten Stunden, die wir miteinander gegangen sind, hatten mehr mit Virus zu tun und weniger mit Knallerei. Aber das war vorgestern. Alles durch. Jetzt gehen wir frohen Mutes. Dabei brauchen wir nicht hasten. Die Welt ist in den Ferien und die Arbeit fühlt sich langsamer und irgendwie neben den Schienen an. Das ermöglicht, den auf die Seite gelegten Bücherturm abzubauen. Und der Turm hat ein paar Schmankerl in sich. Ziemlich weit unten, aus der späten November-Zeit, kommt mir ein Büchlein (meint die äußere Größe) entgegen: „wahrnehmen – verweilen – begegnen“. Drinnen steckt der handgeschriebene Brief vom Autor Franz Schmidsberger. Er arbeitet als Theologe in Linz und Steyr und macht da wie dort gute, tiefschürfende, spirituell nährende Arbeit.

Sich freuen über das Glück zu leben

warum lernst du nicht
von den möwen
die immer zur gleichen stunde
artistisch-knapp über dem wasser
flussaufwärts fliegen
dann elegant aufsetzen
und sich wieder hinabtreiben lassen
so als wäre das leben ein spiel
eine einzige freude

warum lernst du nicht
vom alten ordensmann
der in der krypta
seiner arbeit nachgeht
singend die welken blumen
gegen neue tauscht
und seine augen glänzen
beim nachsinnen
über die zeit

warum lernst du nicht
von den kindern
und ihrer neugier
den geheimnissen
auf die spur zu kommen
von ihrer art
sich wirklich und ungetrübt
freuen zu können
über das glück zu leben

[Seite 97]

Ich kann zwar nicht fliegen wie eine Möwe, aber ich habe eine gute Vorstellung von den glänzenden Augen des alten Ordensmannes durch meine Arbeit bei den Ordensgemeinschaften. Durch meine zwei Enkerl ist der dritte Absatz pure Realität. Es ist mir eine unglaublich Freude, ein Glück, diese Neugier und diese ungetrübte Freude dieser Kinder so direkt zu erleben. Gerade sie lernen auch dem Opa oft ganz hautnah (nicht nur beim Einschlafen) , dass er sich freuen kann, soll, darf über das Glück zu leben. Merci.