Wie kommt das Neue?

Es war ein spannender Tag, bei der DOM-Konferenz im Lentos am 29. September 2011. Über 100 Personen, Frauen und Männer, Jüngere und Ältere, an Tischen zu 10 Personen versammelt, internationale Expertinnen und -experten, eine neugierige Stimmung, deutsche und englische Sprache in einem ausgeglichenen Verhältnis, Unkompliziertheit, eine Stimmung des Hinhörens, kräftige Inputs, offene engagierte Diskussionen – das waren die „Zutaten“ der Konferenz mit dem Thema: Wie kommt das Neue in die Organisation? Bei mir selber laufen im Hinterkopf die großen gesellschaftlichen Bereiche Wissenschaft, Politik und Kirche mit – meine Erfahrungsfelder. Mein zukünftiges Interesse gilt den „Commons“. Das „Gemeinwesenohr  und -auge“ sind hellwach. Einige WeggefährtInnen aus verschiedensten Bereichen sind auch da. Eine Stimmung des Wohlfühlens und der Erwartung, in einen regen Austausch zu kommen, liegt in der Luft. Die Erwartungen wurden bis spät in die Nacht hinein mehr als erfüllt.

Das Neue neugierig suchen

Es geht mir hier nicht darum, eine Zusammenfassung zu machen. Das kann auf der Website und schließlich im schriftlichen Bericht nachgelesen werden. Ich denke heute zurück und halte fest, was mich „berührt“ oder „aufgerüttelt“ hat. Gleich zu Beginn berührt mich die Feststellung: „Das Neue neugierig suchen“ – als Voraussetzung für das Gelingen des Tages. Mein Ohr hört dann: „Die Zukunft nicht vorbereiten, sondern heute schon in der Zukunft leben. Die beste Vorbereitung ist mit Überraschungen zu leben“ – und ich denke an das AS-Prinzip von den „Surprise Factors“ und noch mehr an meinen Weg nach Assisi, der voller Überraschungen war. Das weite GEHEN als Schule für diese Lebenshaltung, mit Überraschungen positiv umzugehen.

Time and space

Damit das Neue ankommen kann, brauchen Menschen Zeit und Raum: „People need time an space“ – so die Expertin aus Italien. Auch Widerstand gegen Neues kommt daher, weil es zu wenig Zeit und Raum gibt, „Neues aufzunehmen“. Menschen können einzelne „Neuerungen“ leichter annehmen als einen großen „Change“ – und ich bleibe bei Obama hängen. „Nicely and by the hand“. Kleine Schritte und „not to far“.  Außerdem: Jede Veränderung ist vom Affekt her negativ – und ich denke an unser Bergdorf, wo es auch die schiefe Ebene dorthin gibt, dass alles so bleibt, wie es (nie) war.

Die Gruppe kann Neues leichter schaffen

Wer Neues bringt, sollte sich in einer Gruppe verknüpfen. Sehr wichtig ist allerdings, „dass diese von einem positiven Drive geprägt ist“. Was fördert diesen Drive? Gute Entscheidungsvorgänge, Transparenz, eine starke Vision, sinnstiftende Tätigkeiten für jeden und schließlich Lasten gerecht verteilt. Da steht plötzlich im Raum: Wir nutzen die vorhandenen Freiräume zu wenig!! Schließlich landen wir bei der Weltanschauung (Welt Anschauung) und bei der Sprache – spätestens jetzt denkt und fühlt der Theologe in mir. „Ideen kommen von einzelnen, Innovationen von Gruppen.“

Komplexität als Vielfalt sehen lernen

Als besonderes Hindernis für Innovationen wird die Komplexität identifiziert. Diese Komplexität anders denken kann schon einen Ausweg bedeuten. Wissen sollten wir: „Vielfalt ist förderlich!“ Geschäftsdenken prägt unser Denken und muss Schritt für Schritt durch alternatives Denken ersetzt werden. Balsam auf meine Commons-Seele, wenn das von Wirtschaftsleuten kommt. Dann beginnt ein Experte vom „Geschichten erzählen“ zu schwärmen: „Der Raum der Konversation sollte durch Bilder und Erfahrungen geprägt sein.“ Jesus als Experte für Neues? Seine Methode ist heute „in“.  Gerade mit Geschichten, Bilder, Filmen, Theater und Bewegung können „Schlüsselwerte“ sichtbar und erlebbar werden. Damit wird auch Komplexität verändert und als Vielfalt erlebbar. Positiv Denken – höre ich immer wieder und denke an meine Handübung (15 cm, 7 cm). Ich selber bringe meine Ideen von der „Flucht aus der Excel-Zelle“ und die Erfahrung von der „lähmenden Magie der Zahlen“ als große Hindernisse in die Diskussion ein. „Stören sie ihre Organisation“, sagt dann ein Nachbar und erzählt von Firmenerfahrungen, „wo die heutigen Hauptgeschäftsfelder in den Hinterhofgaragen entwickelt wurden“.

Fragen stellen

„Es braucht in einer Organisation Klarheit“ – und mir kommt die unklare Haltung des Linzer Bischofs in den Sinn: Einmal so und einmal so. „Stellen sie mehr Fragen und geben sie weniger Antworten und antworten sie nur, wenn sie gefragt werden: aber dann klar und transparent.“ Die Klarheit betrifft: Inhalt – Rollen – Entscheidungen – Transparenz – Leidenschaft, Begeisterung, Compassion (füge ich hinzu). Eine Idee hat nicht gleich Füsse. Dieser Prozess muss gelernt und gesteuert werden. 1. Die Idee. 2. Die Idee zum Thema machen. 3. Koalitionen für die Idee suchen. 4. Die Idee ausprobieren. 5. Die Idee ratifizieren (Füsse geben). Und in allem gilt: Fragen stören nie und haben eine ganz große Macht. Dann erläutert der Erfinder der DigiCam anhand der 18-jährigen Entwicklung: Es braucht Geduld, Überzeugungskraft, Hartnäckigkeit und „Glück“.

Dieser Tag war ein Glück – (nicht nur) für mich!

[Die Bilder zeigen die Cartoons, die während des Tages im „Hintergrund“ entstanden sind.]