Gut leben entlang einer fairen und glücklichen Genügsamkeit

„Was wir heute Wachstum nennen, ist in Wirklichkeit ein karzinomatöses, zielloses Wuchern. Wir erleben gegenwärtig einen Produktions- und Wachstumsrausch, der wie ein Todesrausch anmutet. Er täuscht eine Lebendigkeit vor, die das Nahen einer tödlichen Katastrophe verdeckt. Die Produktion gleicht immer mehr einer Destruktion. Die Selbstentfremdung der Menschheit hat womöglich jenen Grad erreicht, der sie ihre eigene Vernichtung als ästhetischen Genuss erleben lässt.“ Diese Zeilen schreibt Byung-Chul Han in seinem Buch „Kapitalismus und Todestrieb“.

Schon seit Jahren treibt mich die entscheidende Zukunftsfrage um: Wie geht das Weniger? Wie geht Reduktion? Wollen wir ein gutes Leben mit allen Menschen gestalten, braucht es den sozial-ökologisch-spirituellen Zugang zur Mitwelt, den Papst Franziskus 2015 in der Enzyklika Laudato si gelegt hat. „Wir können nicht weitermachen wie bisher. Es sind radikale Schritte nötig, um beispielsweise die ökologische Umkehr, einen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen Politik und Wirtschaftsordnung einzuleiten.“ Das schreiben wir als Katholische Aktion Österreich, deren gewählter und ehrenamtlicher Präsident ich seit 2021 bin, in unserem Dossier „Ökologische Umkehr und Mitweltgerechtigkeit“ gleich als ersten Satz (https://www.kaoe.at/dossiers). Wenn wir ungeschminkt hinschauen auf unseren Planeten, die ausgeprägten aufwändigen Lebensstile, den Ressourcenverbrauch in den sogenannten „entwickelten“ Ländern sehen, dann ist die Menschheit gerade dabei, ihr eigenes Zuhause abzufackeln. Der Kapitalismus in seiner neoliberalen Ausprägung ist zutiefst infrage zu stellen. In einer endlichen Welt kann man nicht unendlich wachsen. Wenn am Körper etwas immer nur wächst, sprechen wir von Krebs. Dieser bedroht den ganzen Körper.

Überlebenswirtschaft etablieren

Deshalb wird es notwendig sein, eine neue Art von Subsistenz-Wirtschaft oder „Überlebenswirtschaft“ zu etablieren. Es braucht den Gedanken der fairen und glücklichen Genügsamkeit, die sich am Wesentlichen und am Einfachen entfaltet. Als Katholische Aktion wollen wir beispielsweise mithelfen, den Wandel und die Transformation in eine gute Zukunft für alle Menschen zu unterstützen und mitzugestalten. Da stellen wir uns auch bewusst gegen Gesellschaftsmodelle, die Zukunft nur für Wenige offen lässt. Dieses „Leben im Weniger entlang einer fairen Genügsamkeit“ wurde von den Prophet:innen vor Jesus und Heiligen nachher gelebt. Jesus selbst ist uns darin Vor-Bild. Sein Leben war nicht in der Komfortzone daheim. Draußen bei den Hirten und Schafen hat es im Weniger begonnen und zu Ostern mündet das Leben Jesu praktisch im Nichts, im Tod. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“ wird heute nicht mehr bedacht bei der Anhäufung von Gütern und Reichtum. Aus dem Nichts, den Tod, dem absoluten Weniger erwächst das auferstandene Leben. „Mensch bedenke, du bist aus Staub und wirst wieder zu Staub.“ Dieser Satz braucht ein langes und tiefes Ein- und Ausatmen, um zu erspüren, wie ein gutes Leben im Weniger, befreit vom Konsum-Schrott und „aufgezirbelten (Sehn)Süchten“ ausschauen kann. Praktisch alle Religionen, so sie nicht der Profit-, Markt- und Machtlogik der Welt erlegen sind, kennen diese Weisheit: „Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.“ Alles klar.

(veröffentlicht im Pfarrblatt St. Konrad Linz)