Apokalypse und die Welt geht sicher nicht unter

Schon bei der Familienmesse in aller Frühe haben junge Mütter den Kindern erklärt, dass die Sekunden-, Minuten- und Stundenzeiger der Uhr immer weiterlaufen, wenn (und sie zeigen dann recht anschaulich die Rückseite) das Uhrwerk gepflegt, geschmiert und gewartet wird. Das Schmiermittel der Familie – so ihre Analogie – ist Liebe zueinander, Respekt, Wohlwollen und Zeit füreinander.

Die Welt geht nicht unter

Die mir bekannten Koordinaten Christian Schüle (Autor des absolut lesenswerten Buches „Vom ICH zum WIR“), Kepler Salon und das Thema „Philosophie der Apokalypse – 2012 und der Weltuntergang“ haben am Muttertag 2012 zusammengesucht. Schüle beginnt seine 15 Thesen mit dem für alle BesucherInnen beruhigenden Satz. „Die Welt geht nicht unter – glauben sie mir.“ Und er hat die Aussage durch alle Dimensionen „bewiesen“. Trotz der apokalyptischen Ausführungen des Johannes und trotz der apokalyptischen Medienwelt heute ist klar, dass die Welt bestehen bleibt und genauso dazu das „Geschäftsmodell
Weltuntergang: Mit Angst lassen sich die Menschen gut unterkriegen und in Abhängigkeit halten.“ Er beschreibt die Lust an der Sensation des Rekordes und die Fernsehkultur als Todeskultur. Im Circus Maximus des Aufmerksamkeitswettbewerbes wird das Subjekt entmündigt. In einer auf Erregung und Empörung angelegten Mediengesellschaft wird die Destruktion und die Angst „bedient“. So lässt sich alles kontrollieren und in Abhängigkeit halten. Es würde uns unendlich befreien, wenn wir dieses Spiel mit unserer Angst durchschauen würden.

Die Angst vor dem sozialen Tod ist größer als die vor dem individuellen Sterben

Schüle berichtet von verschiedensten Studien, die auf unterschiedliche Art den einen Befund herausarbeiten: Der Mensch hat vor dem „sozialen Tod“ mehr Angst als vor dem individuellen Sterben. Er fürchtet sich mehr davor, dass seine Bezugsgruppe ausgelöscht wird oder aufgrund mangelnder Kinder oder Nachkommen ausstirbt: Die Familie, der Verein, das Dorf, die Nation könnte untergehen. Es ist Muttertag an diesem Tag. Schüle spricht immer von „bei uns in Deutschland“ und ist sich nicht sicher, ob das alles auch für Linz und Österreich gilt. Er stellt fest: „Der Mensch vergißt sich derzeit in unseren Breiten selbst weiterzuproduzieren.“ Das macht Angst, wenn keine Nachkommen da sind. Und diese Angst wird „mit der Technik bearbeitet“. Deshalb steht die Technik so hoch im Kurs, weil der Mensch der Illusion nachläuft: Damit kann ich meine Angst in den Griff bekommen. Schüle spricht dann viel von Neuschöpfung: „Wir haben Zukunft, wenn wir von der Abschöpfung in die Neuschöpfung kommen.“

Ich sehe die Familien vor mir, die in einem offenen Miteinander die „Familienuhren“ gut schmieren und so für mich diese „Neuschöpfung“ leben. Auch in der Medienwelt sollten „Neuschöpfungsgeschichten“ immer wieder eingebracht werden. Das zeichnet das Schaffen Schüles aus. Es ist auch seine Erfahrung und er ermutigt, dass diese Geschichten eine Chance haben gegen die allseits üblichen Untergangs, Katastrophen- und Todesgeschichten.