Der Bischof als Avantgardist

Manfred Scheuer 3.vr

Manfred Scheuer 3.vr

Manfred Scheuer kommt zurück. Oberösterreich kennt damit den neuen Diözesanbischof. Die Medien und viele Menschen empfangen ihn mit einer positiven Erwartung. Aus meiner Sicht hat ihn heute Dietmar Neuwirth in der Presse wirklich gut „eingeschätzt“: Neuer Linzer Bischof. Avantgarist des Franziskus-Stils. Gestern habe gleich in aller Frühe in der OÖ Krone eine andere Stimme gelesen: Er ist vielleicht zu intellektuell. Im Zug nach Wien denke ich mir: Gerade jetzt braucht Oberösterreich eine Stimme, eine Person, die das allgemeine populistische Absacken durch die Politik auffangen kann. Wir haben eine international belächelte Männerregierung. Im politischen Feld wird es durch diese unsägliche Koalition weiter abwärts gehen, auch wenn die Formeln und Floskeln anderes verbreiten wollen. Da wird es gut tun, wenn einer einen klaren Gedanken fassen kann, der aus einem weiten Intellekt kommt und gepaart ist mit einer tiefen inneren Demut zum Ganzen, zum Gemeinwesen. Ich denke an die Ansprachen, an die Predigten, an die Gespräche und Interviews, die wir uns anhören mussten. Das wird sicher anders werden. Außerdem: Wer Manfred Scheuer kennt, wird wissen, dass er ein ausgezeichneter Zuhörer ist. Und das ist heute vielleicht das größte Geschenk des Intellekts: Ganz Ohr sein können.

Der Avantgardist braucht nicht bremsen

scheuer_quer„Wir sind Avantgarde und gehen auch ungewohnte Wege. Unsere Lebensform nach den Gelübden ist außergewöhnlich. Aktuelle gesellschaftliche und kirchliche Entwicklungen lassen uns „ganz Neues“ ausprobieren. Nicht Perfektion treibt uns, sondern Gottes Zusage, die uns auch oft aus der Reihe tanzen lässt.“ Dieser Satz steht als eine „Kernaussage“ beim Ordensleben. Manfred Scheuer ist kein Ordensmann, hat aber als „Spiritual und Professor“ das Zeug zum Avantgardisten in Oberösterreich. Da ist unter seinem Vor-Vorgänger Neues, Ungewohntes gewachsen, das sicherlich manchmal auch aus der Reihe getanzt hat. Ich bin selber ja nicht mehr so „drinnen“ in der Diözese Linz. Meine Wahrnehmung ist: Seit Franziskus Papst ist, ist es in der Diözese still geworden. Die Ultra-Konservativen haben ganz oben ihren Halt verloren. Dort in Rom ist – wie Neuwirth richtig sieht – auch ein Avantgardist eingezogen, der Neues , Umgewohntes transparent und mit seiner ganzen Person vorantreibt. Manfred Scheuer lebt aus diesem Geist. Oberösterreich hat zehn Jahre mit der auch vom Kardinal mitgesteuerten angezogenen Handbremse und dem Rückwärtsgang gelebt. Das hat bis in die Pfarren hinein gewirkt, sehr oft entmutigend. Seit 2013 ist die Handbremse gelöst, die Vorwärtsgänge sind möglich. Und doch: Alles wartet. Auf den neuen Bischof. Hier ist er nun. Ich denke, er braucht in der Diözese  die verschiedenen Kräfte nicht „zusammenbremsen“. Er darf ruhig aufs Gas steigen. Das Volk Gottes darf sich wieder erheben und gehen.