Die braunen Käfer

IMG_8174_999Meine Morgenrunde zu Fuß geht talwärts und natürlich später wieder bergwärts. Zwei Drittel der Strecke im Wald. Das ist das Kräftigende. Der Wald. Wer seine Seele, seinen Kopf, sein Herz durch den Wald trägt, ist auf „kleinen Heilungswegen“ unterwegs. „Waldduschen“ sagen andere. Es ist ganz einfach: Es tut einfach gut. Bewegung, das aufstrebende Grün, die Vielfalt, der Boden und die Luft. So auch dieser Tage. Talwärts bin ich dem Bauern begegnet, der sich mit den geschädigten Bäumen herumschlagen muss. Besser: Er war dabei, die mehr als 100 Jahre alten Fichten, die vom Borkenkäfer gekillt wurden, zu schlägern, umzuwerfen. Ich bin kein Waldbiologe, aber das fährt einem seit letzten Sommer unter die Haut. Ganz gleich, wo man hinschaut, haben Borkenkäfer Fichtenbäume in großer Zahl vernichtet. Die Monokultur und die Trockenheit des letzten Sommer hat die Bäume schwach gemacht. Die Hitze hat die Vermehrung der Borkenkäfer unglaublich beschleunigt. IMG_7962_999Normalerweise nistet sich der Borkenkäfer in die Rinde ein und der Baum wehrt sich dagegen, indem er den Käfer „einharzt“, ihn mit Harz umschließt und so unschädlich macht. Das braucht ein gutes „Immunsystem“ des Baumes. Er muss kräftig und gesund sein. Er braucht genügend Wasser und eine vielfältige Umgebung. Die vom Käfer geschädigten Bäume, die der Bauer dieser Tage gefällt hat, habe ich Jahr für Jahr als groß, kräftig und unerschütterlich gehalten. Jetzt liegen sie da. „Mehr als 100 Jahresringe habe ich gezählt.“ Man spürt, es tut dem Bauern weh, sie so liegen zu sehen. Ich gehe nach einem kurzen Gespräch meinen Weg weiter. Wie es so ist, bringt mich die Natur auf weitere Gedanken, Parallelen, Gleichnisse.

Gerechtigkeit, Solidarität, Zusammenhalt und Empathie regnen lassen

IMG_8228Gestern habe ich im Kino in Wien den Film „Die Geliebte des Teufels“ gesehen. Es ging um die Geliebte Göbbels, eine tschechische Schauspielerin, schön und von der Mutter „in die Karriere gebracht“. Wer Gelegenheit hat, einfach anschauen.  Es ging um die Zeit des aufkeimenden Nationalismus. Schönheit ist dem charmanten Machtmenschen und „Ermöglicher“ begegnet. Der Vater hat die Tochter „gewarnt“, ebenso die Schwester. Aber die Beziehung hat sich weiterentwickelt. Der Karriere war es förderlich. Der Familienmensch Göbbels (Karl Markowics) und die schöne Schaupielerin. Selbst die „Kristallnacht“ (eindringlich filmisch dargestellt) lässt sie noch nicht „erkennen“. Die Gesellschaft war zu dem Zeitpunkt schon ausgetrocknet und wenige haben den Anflug der brauen Borkenkäfer als Gefahr erkannt . Der „Klimawandel“ der 30-er-Jahre durch die Nazis hat den kräftigenden Regen, den jeder Baum, jeder Mensch, jedes Lebewesen braucht, austrocknen lassen. Was meine ich mit dem Regen? Der Regen der Solidarität, des Zusammenhaltes, des Gemeinwohles, der Begegnung auf Augenhöhe, des unteilbaren Wertes jedes einzelnen Lebens, der fördernden und Leben spendenden Offenheit auf Gott hin. Statt dessen ist die Trockenheit des Mammon, des Rassismus, des Egoismus, der Diktatur und der Gewalt ausgebrochen. Die „braunen Borkenkäfer“ damals haben das ausgenutzt. Baum und Baum wurde „umgelegt“. Gerade der Film macht diese „moralische Dürre und Trockenheit erahnbar“. Sichtbar ist sie am Anfang nicht. Und heute? Die braunen Borkenkäfer fliegen, vermehren sich. Wie ist es um den Wald, die Gesellschaft bestellt? Derzeit erleben wir, wie die Gesellschaft in ihrem inneren Zusammenhalt „ausgetrocknet“, der Resilienz fördernden Vielfalt beraubt wird. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn die brauen Borkenkäfer so erfolgreich sind. Gesellschaftlich haben wir es aber mit keiner „Naturgewalt“ zu tun. Wir können Gerechtigkeit, Solidarität, Zusammenhalt und Empathie regnen lassen. Es liegt an uns.