Flüchtlinge offenbaren die Geschichte der scheiternden Zivilisation

Im letzten Beitrag habe ich erzählt, dass ich den Autor der Buches „Das Ende der Megamaschine“ Fabian Scheidler in Berlin getroffen habe. Der Untertitel „Geschichte einer scheiternden Zivilisation“ macht schon etwas betroffen. Und doch spüren wir gerade in diesen Tagen, dass diese über die letzten Jahrhunderte und speziell in den letzten Jahrzehnten sich „entwickelnde“ Zivilisation ihr Scheitern nicht einsehen will. Persönlich bin ich mit vielen einer Meinung, dass die Causa Griechenland das demokratische Projekt Europa zum Scheitern gebracht hat. Alle demokratischen Prozesse wurden ausgeschaltet und die Geld-Ökonomie hinter verschlossenen Türen hat entschieden. Die Mainstream-Medien haben das natürlich anders gebracht, bringen müssen. Sie hängen ja an dieser „Megamaschine“ und verdienen dort mit. Aber jetzt haben die tausenden Flüchtlinge die Offenbarung zu Tage gefördert. Die EU ist am Ende. Die Grenzen gehen hoch. Fussballstadien fassen 60, 80 ja 100.000 Menschen. Kein Problem. 200.000 Flüchtlinge werden für ganz Europa „das“ Problem. Wir könnten, aber wollen nicht. Wo kein Wille, da kein Weg. Das derzeit laufende System will niemanden hereinnehmen, sondern spukt aus.

Das gemeingefährliche Weltfinanzsystem

Scheidler_IMG_2160Lasst mich jetzt bitte lang zitieren und aus dem Buch von Fabian Scheidler abschreiben: „Fast alle Menschen, mit denen ich in den letzten zehn Jahren gesprochen habe – ob konservativ, linke, öko-bewegte, junge oder alte -, glauben nicht mehr an die Zukunft des Systems, wenn sie ehrlich sind und die professionellen Masken ablegen. Doch zugleich herrscht eine beklemmende Ratlosigkeit. Das Räderwerk scheint, obwohl offensichtlich sinnlos und zerstörerisch, nicht zu stoppen. Nach dem Fiasko von jahrzehntelangen Klimaverhandlungen, die mehr CO² verbraucht als eingespart haben, ergebnislosen Welthungerkonferenzen und bestenfalls kosmetischen Reparaturen an einem gemeingefährlichen Weltfinanzsystem erwartet heute kaum noch jemand ernsthaft, dass von Regierungen eine globale Trendwende zu erwarten ist. Obwohl das Wissen über die verhängnisvollen Folgen eines Weiter-so mit jedem Tag wächst, halten die Kapitäne der Großen Maschine unbeirrt Kurs in Richtung todsicherer Havarie. Das umso seltsamer, als es nicht, wie oft behauptet wird, an Alternativen fehlt.“ Scheidler schildert die Alternativen: Die Landwirtschaft könnte binnen Jahren auf ökologischen Landbau umgestellt werden.  40 % der Treibhausgase wäre weg. Gemeinwohlorientierte Geldsysteme könnten leicht die Finanzcasinos ersetzen. Wenn man will. Dezentrale Energiesysteme, öffentliche Verkehrssysteme, kreative Bildungssysteme und die konsequente Gemeinwohl-Orientierung sind sofort machbar. Und Scheidler fragt: „Warum ist eine Zivilisation, die sich weltweit als Trägerin der Vernunft und des Fortschrittes inszeniert, unfähig, einen offensichtlichen selbstmörderischen Pfad zu verlassen und die Richtung zu ändern?“ Das System hat mit der Verschuldung vieler Akteure eine unglaubliche Abhängigkeit erzeugt. Und: 25 % des Weltsozialproduktes beschäftigt 0,75 % der Bevölkerung. Also: Eine Finanz-Elite hält sich die Bevölkerung, die Menschen vom Leibe. Da sind wir bei den Flüchtlingen: Sie lassen sich nicht aufhalten und gehen und gehen. Sie kommen und wir sollten ihnen Raum geben, damit die Krise sich verschärft. Gebt der Krise Raum, damit sie ihre Wirkung entfalten kann. Krise heißt nämlich Chance. Chance für ein demokratisches und Menschen gerechtes Europa. Die Fremden und Flüchtlinge können uns vor unserem eigenen gemeingefährlichen Europa retten. Und von den Medien wünsche ich mir, nicht nur das „Was“ und „Wie“ der Flüchtlingskrise zu berichten, sondern auch das „Warum“: Waffenhandel, fossile Interessen, Menschenhandel, Drogenhandel und Geldtransaktionen kennen keine Grenzen. So scheitert die Zivilisation. Nicht wegen der Menschen, die zu uns kommen (müssen).