Solidarisch wandeln

#SoliKon

#SoliKon

Soli-Küche

Soli-Küche

Die Wandelwoche habe ich versäumt. Den Kongress zur Solidarischen Ökonomie in Berlin habe ich von Donnerstag bis heute Sonntag miterlebt. Ein ganz kleines Stück auch mitgestaltet mit dem Workshop „Gemeinsame leben – solidarisch wirtschaften„. Sehr oft habe ich den Hashtag #solikon auf Twitter verwendet. Das ist eine ganz feine Art, Wahrnehmungen so zu notieren, dass auch andere davon profitieren können. Wissen teilen und mit anderen Wahrnehmungen in Verbindung bringen. Und so wie es meine Art als „Local Detective“ ist, lasse ich mich auch ein wenig durch Berlin „treiben“. Zu viele Vorbereitungen versperren den Weg, Neues und Überraschendes kennen zu lernen. Weil: Nichts geht spurlos vorbei, wenn deine Aufmerksamkeit dabei ist. Neugierde vorausgesetzt. Deshalb wieder nur die Zugfahrt und die Unterkunft im evangelischen Kloster Segen vorbereitet, eingefädelt. Es ist mit der Strassenbahn M10 direkt vor dem Hauptbahnhof vorbei am Mauermuseum bis zur Eberswalderstraße sehr gut erreichbar.  Ich werde sehr zuvorkommend nach der Nachtfahrt mit dem Zug begrüßt. Der Kongress ist ihnen im Haus kein Begriff. Aber wahrscheinlich auch 99% der LeserInnen. Ich bewege mich in diesem Zusammenhang auch außerhalb des Mainstream und der Mainstream-Medien.

Wird das Ende barbarisch sein?

Paul Singer

Paul Singer

"Merkel's Hütte"

„Merkel’s Hütte“

Der Kongress mit etwa 1.000 Personen, ungefähr 100 Workshops, Podien und Plena ist in der technischen Universität angesiedelt. Das widerspricht schon der tiefen Zielsetzung nach der ganzheitlichen Betrachtungsweise, nicht nur der technisch-ökonomischen. #LaudatoSi schwingt bei mir die ganze Zeit mit. Soziale Ausgrenzung, Prekarisierung eines großen Teils der Menschheit und Naturzerstörung sind der zerstörerische Kern der jetzt gängigen Wirtschaft. „Der Zauberstab des Wachstums ist am Ende.“ Diese jetzt laufende Geld-Ökonomie kombiniert mit dem Wachstums-Paradigma lässt uns an die Wand fahren. „Wird das Ende barbarisch sein?“ steht auf den Freecards. Und die Griechin Georgia Bekidraki von Solidarity4all lässt den Satz fallen: „Gebt der Krise Raum, damit sie ihre Wirkung entfalten kann.“ Sie denkt an ein neues solidarisches, partizipatives und demokratisches Europa. Der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold bringt es auch auf den Punkt: „Die undemokratischen Entscheidungen hinter verschlossenen Türen müssen ein Ende haben.“ Alle applaudieren. Wir spüren es. Nicht DemokratInnen regieren, sondern Lobbies und Konzerne. TTIP und Ceta ist das neue Spielbrett, das sie beschlossen haben wollen ohne Beteiligung der Parlamente. Sie wollen ihr Spiel ungestört spielen. Auf Kosten der Milliarden Menschen. Demokratie und Partizipation sind Schlüsselbegriffe. Ich denke an mein Bergdorf daheim, wo das auch von den neu antretenden Parteien gefordert wird gegenüber der „Absoluten“. Mitbestimmen und Transparenz. Im Großen wie im Kleinen. Solidarische Ökonomie braucht eine intensivere Verknüpfung, eine „gemeinsame wahrnehmbare Stimme“ und mehr „Sichtbarkeit nach außen“. Tolle Projekte habe ich gesehen. Die gesellschaftlichen Eliten sehen sie nicht. Gut, dass der Papst immer wieder auf sie hinweist wie auf die Genossenschaftsbanken. Es ist der Weg zu einem neuen Geldsystem, das wir brauchen. Oder das Ende wird barbarisch sein – wie schon so oft in der Menschheitsgeschichte. Der Sündenfall: Geld kann kein Geld schaffen. Es ist dann schon berührend, den brasilianischen Staatssekretär für Solidarische Ökonomie Paul Singer (Foto) noch zu sprechen. Dort waren die Kirchen federführend. Ich denke: Eigentlich ein Verbrechen, dass Johannes Paul II die Befreiungstheologie ermordet hat. Ich sage es. Singer lächelt und nickt. Jetzt gleitet die Kirche ins Abseits. Papst Franziskus tut alles dagegen. Aber wer hilft ihm? Dort und da.

Zwei Bücher eingepackt

03_IMG_213509_IMG_2322Bei einem Workshop durfte ich Fabian Scheidler persönlich kennen lernen. Der hat die Menschheitsgeschichte darauf untersucht, warum wir da sind, wo wir uns gerade befinden. Sein Bild ist die „Megamaschine„. Mit diesem Bild erläutert er die Machtvorgänge, das Geldsystem und zeigt eventuell einen Ausweg. Aber: Die Maschine läuft aus sich heraus und sie bewegt sich zum Teil ja selbst programmiert. Die mächtigen Eliten haben es sich so gerichtet, dass sie immer profitieren. Selbst oder gerade Krisen sind Geldbringer, Machtgaranten. Wer diese Gedankengänge und das Wissen um unsere Geschichte einmal so gedacht hat, wird unweigerlich „systemkritisch“ werden müssen. Immer wieder fällt mir der Traum von Franz Jägerstätter ein: Der Zug fährt in den Abgrund und so viele wollen mitfahren. Solidarische Ökonomie ist die Alternative. Ich bin da, weil dieses Konzept von Orden schon immer in gewisser Weise gelebt wurde. Es geht heute darum, eine gesellschaftliche Alternative zu leben. Nicht Geld, Gewinn, Monetarismus stehen im Vordergrund, sondern „enkeltaugliche, solidarische und ökologische Lebensstrukturen“. Bei Workshop „Es braucht ein neues Hören“ sind wir schließlich bei der Spiritualität und Liebe gelandet. Viele lehnen hier aufgrund der Herrschafts- und Gewaltgeschichte der Kirche kirchliche Betrachtungsweisen ab. Aber im Klang einer Schale oder Glocke spüren wir etwas, was uns öffnet für einen größeren Raum als den der Vernunft, der Preistaferl, der Oberfläche. Ich bin überzeugt, dass wir scheitern, wenn wir uns diesem spirituellen Raum (für uns ChristInnen „Gott“) gegenüber nicht öffnen. In die Tiefe hinein. Die Stille kann uns das lehren, wenn jemand mit Spiritualität Schwierigkeiten hat. Oder das Gehen, das Pilgern. Und genau das Gehen am Abend in der Veteranenstraße am Prenzlauer Berg, wo mein Kloster liegt, fällt mir ein anderen Buch in die Hand. Pierre Rabhi, Glückliche Genügsamkeit. Es ist ein Büchlein, das ich gleich hier „verschlungen“ habe. Bitte im Buchhandel bestellen. Amazon fährt mit uns an die Wand, weil sie alle regionalen und lokalen Strukturen vernichten.

Vielfalt in Berlin

08_IMG_232006_IMG_2252Übrigens, den Blogbeitrag schreibe ich im Cafe Krone sorglos in der Oderberger Straße. Wer diese Straße und Gegend schon einmal besucht hat, wird Vielfalt und Regionalität verstehen. Kein Einkaufszentrum weit und breit. Eine Frau hat mir gestern spät abends beim Gießen ihrer Straßenblumen erzählt, dass diese Straße schon zur Zeit der DDR „anders, kreativer und widerständiger“ war. Die Balkone voller Blumen, die Straße in ihrer Breit voller Cafes und Gaststätten. Menschen sind am Wochenende einfach da. Unkompliziert. Auch ich werde so behandelt. Gestern war ich am Alexanderplatz Zeuge des Festes der Berliner Kirchen. „Zufällig“ habe ich die Ankündigung vor die Augen bekommen. Und dann treffe ich wieder „zufällig“ meinen früheren Ausbildungskollegen Michael aus Berlin und Sr. Klara von den Franziskanerinnen von Siessen. So aufgeweckte Ordensfrauen „mag ich“. Und sie haben Nachwuchs. Kein Wunder. Dass mich ein Münchner zur Laser-Show beim Bundestag „entführt“ war Frucht eines Nachfragens nach dem Weg. Er erläuterte mir, dass er mehrmals im Jahr aus dem Dorf München in die Großstadt Berlin fährt. Er mag die Weite. Ja, das mag ich auch. Kilometer weit kann ich gehen und sehe, dass sich die Stadt Platz genommen hat. Vielleicht ist das auch der Grund für die Vielfalt. Die Weite im Kopf. Aber auch die ist hier in Berlin bedroht durch „Investoren“, die Platz kaufen und maßlos verbauen, verbrauchen und dafür kassieren. Pierre Rahbi schreibt auf Seite 47: „Ja, das Gold hat die Menschheit verrückt gemacht. Und es ist schockierend, festzustellen, wie viel verborgene Kraft eine Sache besitzt, die doch nur Metall ist.“ Ja, dieses Büchlein wird Folgen haben. Auch für mich.