Nicht den Traditionswächtern gehört die Zukunft

„Nicht den Traditionswächtern gehört die Zukunft, sondern den Kühnen und Mutigen. Sie gehört Menschen, die zusammenbringen, was früher getrennt war; die Lebenswege gehen, die früher versperrt waren. Menschen somit, die zu Wandlungen und Weiterentwicklungen fähig sein.Vor-Denker (innen) eben, die anderen voraus sind in Problembewusstsein und Lösungswillen. Ihre Geschichte offenlegen heißt, eine Geschichte der Hoffnung erzählen. Deren Pointe lautet: Neue Wege zu gehen ist möglich, allen Konflikten und Widerständen, Verurteilungen und Ausgrenzungen zum Trotz. Diese Menschen ermutigen  zur Nachfolge – heute und in Zukunft.“

Brücken entdecken und pflegen

Diese Passage Seite 16 in der Einleitung zum Buch von Karl-Josef Kuschel „LEBEN ist Brückenschlagen“ habe ich mehrmals gelesen. Auch wenn der offizielle Arbeitsbeginn für die Ordensgemeinschaften Österreichs am 15. Juni ist, so gibt es inoffiziell schon einiges zu tun. Erste Dinge passieren, die mich positiv stimmen, weil sie genau in diese Richtung gehen. Der Befund oben soll auf die Pioniere des interreligiösen Dialogs verweisen. Das Buch ist ein ausgesprochener Schatz in diese Reichtung. Auf 575 Seiten bin ich Pionieren begegnet wie Svami Vivekanda (1863-1902), Richard Wilhelm (1873-1930), Hermann Hesse (1877-1962), Mahatma Ghandi (1869-1948), Thich Nhat Hanh (1926-heute), Hugo Enomiya-Lassalle (1898-1990), Thomas Merton (1915-1968), Martin Buber (1878-1965), Abraham Joshua Heschel (1907-1972), Louis Massignon (1883-1962) und Hans Küng (1928-heute). Hier sind einzelne Pioniere (es sind nur Männer angeführt), die zwischen den Religionen nicht das Turmbauen im Sinne hatten, sondern Brückenköpfe errichtet haben. Das Vatikanum II hat diese Vorarbeiten aufgegriffen und so das Verhältnis zu den Weltreligionen neu bestimmt. Heute besteht natürlich die Gefahr, dass einflussreiche Cliquen im Vatikan diese Brücken wieder sprengen und dafür den römischen Turm erhöhen. Deshalb gilt es, diese Brücken zu schützen und zu begehen wie hier mit einem Fußballspiel.

Tragfähige Brücken heute

Dieses Buch habe ich als Anregung gelesen, in den Ordensgemeinschaften heute diese Dynamik zu entdecken und „herauszuarbeiten“. Bei den Verantwortlichen sehe ich dieses „Problembewusstsein und den Lösungswillen“ für heute, für jetzt und die Zukunft. Ich denke da an die Vorsitzende der Frauenorden Österreichs Generaloberin Kunigunde Fürst, die nicht nur mit Worten (siehe Interview in den OÖN), sondern in ihrem Alter selbst noch als Pionierin eine Brücke nach Kasachstan nicht nur für andere, sondern für sich selbst gelegt oder gebaut hat. „Es ist nicht alle golden, was glänzt, aber in den Ordensgemeinschaften liegt das größte Potential für die nächste Wegstrecke der Kirche“, hat ein renommierter Ökonom vor längerer Zeit zu mir gemeint. Diese Erfahrung der „Zumutung und der Erwartung“ aus dem gesellschaftlichen  nicht kirchlichen Umfeld sehe ich als Ansporn für die Orden. Die Ordensgemeinschaften dürften doch sehr tragfähige Brücken zu den Menschen von heute  haben. Wo dies nicht der Fall ist, siehe oben!