Sieben Minuten gemeinsam im Bus

13566960_10205191490065667_1004887474450508558_nViel zu selten nehme ich mir Zeit, mit meinem befreundeten Asylwerber „Kami“ Zeit zu verbringen, hochdeutsch einander Geschichten zu erzählen, dort und da unter die Arme zu greifen, Mut zuzusprechen. Da soll einer – was ohnehin die meisten wissen aber nicht wahrhaben wollen – mit 165.- EUR auskommen. Da ist dann das Busticket mit 77.- EUR, dort der Kursbeitrag, da eine ärztliche Bestätigung, dort die Anerkennung des persischen Führerscheins inklusive der vorgeschriebenen Fahrschulstunden mit 520.- EUR. Diesen Betrag werde ich jetzt „zusammensuchen“. Ich frage mich da immer: Wäre Kami als Tourist gekommen und hätte ein Leihauto genommen, wäre doch sein persischer Führerschein akzeptiert worden, oder? Und bei all dem bleibt er im Grunde positiv gestimmt, obwohl er Vater, Mutter und Schwester in Teheran sehr vermisst. Wir verabschieden einander. In diesem Moment kommt sein Freund und Zimmerkollege dazu. Er steigt mit mir in den Bus ein. Wir fahren gemeinsame sieben Minuten „hinüber ins Bergdorf“ – er bis nach Linz. Auch er kommt aus Persien und sein Frau mit den beiden Kindern, zwei und sechs Jahre, sind noch dort. Er nimmt sein Smartphone heraus und zeigt mir die Kinder. Seine Hand geht zum Herz und klopft drauf. Er schaut sie fest an und irgendwie werden sein Augen nass. Der ausgebildete Tischler hat sie mehr als ein Jahr nicht mehr gespürt, umarmt, geherzt. Ich werde auch ganz still und es ist, wie wenn es mir das Herz zerreißt. Er erzählt in gutem Deutsch, das er innerhalb eines Jahres gelernt hat, von seiner Familie. Ich könnte laut schreien. Er hilft mir, indem er in seinen Fotos „weiterblättert“. Er zeigt mir seine Tischlerarbeiten, die er in Persien gemacht hat. Wunderschön. Ich muss aussteigen. Sieben Minuten vergehen schnell und ich spüre, dass sie mit dem Aussteigen nicht zu Ende sind.