Wie geht raus?

Schon mehrmals hat sich bei Workshops, die ich in den letzten Monaten begleitet habe, die Energie auf diese Frage zugespitzt: Wie geht raus? Wie kommen wir zu neuen Leuten? Wie können wir unseren TeilnehmerInnenkreis erweitern? Wie geht Rand?

Kirchliche Einrichtungen erscheinen abgeschlossen

999_IMG_6043Seit Papst Franziskus sich selber und damit sein Papstamt „bewegt, vagabundierend, hinaus“ angelegt hat, ist vielen kirchlichen Gruppen und Einrichtungen ihre „Abgeschottetheit“, ihre „Inner Circle Mentalität“ und der damit verbundene Prozess der oft radikalen Verkleinerung und Überalterung bewusst geworden. Einzelne Bischöfe haben dieses Faktum sogar ideologisiert und als Visionsbild in die Zukunft gestellt: Wir werden kleiner, weniger, unbedeutender. Die Kraftlosigkeit wird zum Programm erhoben. Aus meiner Sicht wird diese Denke gerade schmerzliche Realität. Hängende Schultern, geängstigte Zurückhaltung, leise Stimmen, angepasste Themen, Klagen über die Zeit, nur keinen Wirbel. Was ist Magnetismus, was bedeutet Attraktivität? Immer öfter richten sich jetzt Frauen und Männer, Verantwortliche an den Handlungen und Worten des Papstes auf, körperlich, mental und spirituell: Wie geht raus?

Eingefahrene Hohlwege

Als Kind kenne ich noch die „Hohlwege“. Durch jahrzehntelanges Fahren in einer Spur mit unterschiedlichen Steigungen wurde der Weg unterschiedlich ausgeschwemmt und immer tiefer zum sonstigen Niveau. Mancherorts konnte ich gar nicht hinausschauen, weil der Weg so tief „eingefurcht und eingefahren“ war. In den letzten 20 Jahren gab es aus dem Vatikan immer nur eine Ansage: Bleibt auf diesen eingefahrenen Wegen. Das sind die bewährten katholischen Pfade. Nicht vom Weg abkommen. Auf der Strecke bleiben. Aber: Wer nicht vom Weg abkommt, bleibt auf der Strecke. „Eine verbeulte Kirche ist mir lieber“, sagt Papst Franziskus. Die Hohlwege sind heute wenig begangen. Was passiert? Sie verwachsen und werden immer weniger begehbar. Die Leute suchen sich neue Pfade, dort wo andere Menschen sind. Wie geht raus – aus den Hohlwegen? Mit den Menschen mitgehen, gerade auf den neuen Pfaden – auch in den neuen Social Media „Hohlwegen“.

„No fear“ und Synapsen bilden

Foto: Alois Litzlbauer

Foto: Alois Litzlbauer

Es macht mich jedes Mal etwas „mulmig“, dass gerade die Ansage „no fear“ in kirchlichen Kreisen für Überraschungen, Nachdenklichkeit sorgt. Die letzte Papst-Epoche in ihrer Ängstlichkeit und Rückgezogenheit hat eine „Angstkultur“ geschaffen, die tief in die Menschen, ChristInnen und die Verantwortlichen „eingezogen“ ist. „Sind wir eh noch katholisch?“ – war eine häufige Frage, die oft auch als Drohung und zur Unterwerfung eingesetzt wurde. Die Frage zielt auf Enge, nicht auf „Aschlussfähigkeit und Weite“. Aber: Dieser Papst hat den Mut-Himmel geöffnet. Nicht verbal alleine, sondern in seinem Handeln, den Begegnungen und seinen „Bildern“. Darin kommt der „jesuanische Habitus“ so klar heraus. Im Grunde haben meine Workshops immer wieder drei Ebenen: 1. Das persönliche Empowerment zum „no fear“. 2. Die Kenntnis darüber zu erhöhen, was Menschen heute suchen, brauchen, realisieren, leben wollen. 3. Die Erhöhung der persönlichen und institutionellen „Synapsen-Fähigkeit“ mit Menschen und Gruppen auf den kreativen Flächen wie „Bühne, Bewegung, Musik, Kunst und Sozialem“. Meine Überzeugung: Dort wollen Menschen etwas tun. Das sind Tun-Felder, die „engage and involve“ möglich machen. Das braucht eine offene Anschlussfähigkeit auf Augenhöhe zu ganz neuen Menschen, Gruppen und Institutionen. Hierarchie war gestern, Netz ist heute. Von kristallin zu fluid. Und die beiden Fragen: Wo begegnet dir Mitte? Wo begegnet dir Rand? Das sind die Brennpunkte der Ellipse.