Die Eucharistie verwendet

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Foto: Lange FB-Seite

Mirko Lange, den ich in Deutschland 2008 persönlich bei einer Veranstaltung zum Thema Non-Profit-PR kennen und schätzen gelernt habe, schreibt heute auf FB einen impulsiven Gedanken: „Ich kann euch allen Jüngeren und Ambitionierten zurufen: Leute, versucht jeden Fehler zu machen, den man nur machen kann. Nur so könnt ihr lernen. Ich habe ganz unheimlich viele Fehler gemacht, für manche zahle ich heute noch. Aber ich glaube, dass es keinen anderen Weg gibt, um „besser“ zu werden. Es gibt nur einen Fehler, den man nicht tun sollte – nämlich den gleichen Fehler zweimal.“

War das ein Fehler?

z_rom1Szenenwechsel. Heute wurde bekannt, dass Erzbischof Oscar Romero heilig gesprochen wird. 1980 wurde er während der Eucharistiefeier ermordet. Der Film damals war hat sich bei mir ganz tief eingefurcht. Franz Jägerstätter und er kamen mir auf derselben Ebene entgegen: Zwei Menschen, die ihrem Gewissen gefolgt sind in einer ganz prekären Zeit und gewalttätigen Umgebung. Beiden hat die Eucharistie, die Wandlung, der Glaube an die „Realpräsenz Christi“ unglaublich viel bedeutet. Ich bin mir nicht mehr sicher, aber etwa um 1989/90 habe ich den Romero-Film gesehen. Es war noch in der Dompfarr-Zeit in Linz. Zusammen mit Jugendlichen haben wir ihn angeschaut. Ich habe geweint. Heute noch fühle ich mich von einer Szene aufgewühlt, die ich seither nicht vergessen habe. Ohne Anspruch auf Richtigkeit zu erheben, läuft bei mir heute die Filmszene so ab: Die Rechtlosen (auch viele Frauen und Kinder) treffen auf die Militärs. z_rom2Eine gewalttätige Auseinandersetzung scheint unausweichlich. Romero ist unter den Land- und Rechtlosen. Die Militärdiktatur kennt keinen Pardon. Alles spitzt sich zu. Als ihn die Militärs abführen wollen, beginnt der Bischof entblöst mit den Menschen Eucharistie zu feiern. Die Messfeier hat der Bischof „verwendet“, um Unheil und Tod abzuwenden. Die Eucharistie hat das Blatt „gewandelt“ und die Militärs haben sich zurückgezogen. Es läuft mir heute noch kribbelnd über den Rücken. Was habe ich für abgehobene „eucharistische Traktate“ gehört, in einer spirituellen Abgehobenheit weit weg von den Menschen im Dreck, in der Bedrohung, im Dilemma, in Not und Elend.

Macht Fehler!

z_rom3Es hat lange gedauert, bis das Martyrium eines Oscar Romero anerkannt wurde. Er war zutiefst politisch auf der Seite der Entrechteten. Das hat der Elite nicht geschmeckt. Die südamerikanische Kirche war durch die Ernennung von Opus-Dei-Bischöfen durch Johannes Paul II auf die Seite der Elite gebracht worden. Die so „politisch gereinigte Kirche“ hat den sauberen Glauben betrieben, gesellschaftspolitisch neutral und daher auf Seite der Mächtigen. Franziskus traut sich jetzt drüber. Romero hat das Allerheiligste in die Mitte der Auseinandersetzungen gebracht und damit vieles zum Guten „gewandelt“. Für die „hohe Theologie und die klinische Lehre der Liturgie“ war das sicher ein Fehler. Romero wurde selber bekehrt, dorthin gestellt, wo er dann gestorben ist: auf der Seite der Entrechteten. Dort hat er Jesus gesehen und dort hat er die tiefste Erinnerung der selbstlosen Liebe hingetragen, die Eucharistie, die wandelt. Aus der Sicht der „Oberen“ war es wahrscheinlich ein Fehler. Aber: Dieser „Fehler“ wird in seiner ganzen Tragweite heilig gesprochen. Zu vieles in unserer Kirche ist „klinisch sauber“ und durch Fehlerlosigkeit „ausgezeichnet“. Was sagt Mirko Lang: Macht Fehler – nicht Dummheiten (das sind Fehler zwei Mal gemacht). Und was meint Papst Franziskus: Verbeult ist OK. Das Heilige wird draußen gebraucht, in der Gesellschaft, wo so vieles aneinanderprallt. Ich träume davon, dass wir die Eucharistie nicht nur feiern für, sondern inmitten der Konflikte und Ungerechtigkeiten unserer Tage. Dazu sind wir getauft, geweiht, gesendet.