Wie mein Christ-Sein finden und zeigen

Alljährlicher Christkönigssonntag als Finale des Kirchenjahres. Dort, wo es in den Pfarren eine Jugend gibt, dort sind sie spätestens heute gefragt, präsent. Auch bei uns im Bergdorf heute mit dem Jugendchor, der Gestaltung des Gottesdienstes inklusive der Predigt. Das Evanglium Mt 25,31-46 nicht gerade einfache Kost. Da wird uns vor Augen geführt, was ihm Leben tatsächlich zählt, wenn wir als „Jesuaner“ leben, nachfolgen wollen. Die Werke der Barmherzigkeit sind mehr denn je gefragt. Unsere jungen Menschen machen sich Gedanken, wie sie ihr Christ-Sein finden und zeigen können. Rosenkranz, Tätowierungen, äußere Zeichen, Bibellesen wurden angesprochen. Hilfsmittel, um sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Fix ist da für sie gar nichts. Aber: Es hilft, sich Gedanken zu machen. Und das haben sie als Kernbotschaft heute hinterlassen: Sich Gedanken machen. Da ist schon sehr viel gewonnen.

Der Bischof kann öffnen

Dieser Tage waren wir einen Abend lang mit dem neuen Bischof von Innsbruck Hermann Glettler zusammen. Ein weltoffener, weit denkender und handelnder Mensch. Es tut gut, wenn vor einem Bischof  zuerst das „geöffnet“ kommt. Offen für die Menschen, die Zeit, die Herausforderungen, die Situationen, die verelendeten Gebiete dieser Welt, drinnen in den Seelen genauso wie draußen. Und man sieht im die Unerschrockenheit und den Mut an. Gerade die Bischofsweihe in der Olympiahalle zeigt das Hinausgehen, den neuen Kontext und ermöglicht eine breite Involvierung. Da werden wir andeutungsweise etwas von den amerikanischen Großkirchen erleben. Dort war er immer wieder einmal.  In jedem Fall will er raus zu den Menschen und er weiß, dass er als Bischof ein ganz großes Tor aufsperren kann (und muss).

Das Vorzeichen

Das Suchen des „christlichen Kerns anhand von Ritualen und Symbolen“ in Familien wird ganz entscheidend werden, wenn in Zukunft eine christliche Inspiration hinein in die Gesellschaft wehen soll. Immer wieder taucht die Frage auf: Woran erkenne ich eine christliche Familie? Meine Antwort geht immer dorthin: an der gelebten Liebe und Offenheit gerade auch für Menschen in Not. Man weiß von einer Studie in Deutschland, dass christlich geprägte Menschen mehr als doppelt so viel spenden. „Da wird geholfen, die helfen zusammen, da wird keiner im Stich gelassen, sie singen miteinander, essen und beten, suchen Gott, rechnen mit ihr, vertrauen ihm, lachen.“ So irgendwie könnte das Vorzeichen vor dem Leben eines Christen, einer Christin lauten. Wir wissen: Der heutige Mensch ist „produktorientiert“. Alles Marketing und Wirtschaften geht auf ein Produkt hin. So wird auch Religion nicht umhin kommen, sich in „Produkten“, Ritualen und Symbolen zugänglich zu machen. Das habe ich mit Bischof Glettler im kleinen Kreis angesprochen. Und er hat viel Verständnis dafür, weil er die Menschen heute „kennt“.

Fokus auf drei Ritual- und Symbolfelder

Drei wichtige Symbole und Rituale schlage ich für christliche Familien vor, auf die wir unser inneres Wachstum und unsere Erkennbarkeit bauen können. Es ist nicht der Weg selber, sondern es sind Wegzeichen, Hinweise. Beim Gehen orientiere ich mich an den Schildern und gehe nicht auf ihnen. So sind diese drei „Wichtigkeiten“ zu verstehen:

  1. „Jesus in unserer Mitte“. Diese Tatsache drücken wir durch ein Bild, ein Kreuz, ein Symbol aus und hängen, stellen es in unsere Mitte. Der frühere Herrgottswinkel war das, ist das. Diese Symbole sind nicht alt, sondern heutig in unserer Mitte in der „Geschmacksrichtung“ der heutigen Menschen. Nicht, weil es immer so war, sondern weil es für uns wichtig ist, ist das Kriterium.
  2. „Gemeinsam essen mit einem Tischgebet“. Ich weiß von vielen Familien, dass sie es nicht mehr schaffen, gemeinsam rund um den Tisch zu sitzen. Der Konsumismus will ja, dass wir uns individuell füttern direkt am Kühlschrank direkt aus dem Supermarkt gefüllt. Da brauche ich niemanden mehr. Nein doch: Der Fernseher darf mit mir essen. Eine christlich geprägte Familie schaut, so oft es geht, gemeinsam rund um den Tisch zu sitzen (Tisch gehört in unseren Kulturkreis) und das Essen mit einem Innehalten, dem bewussten Aus- und Einatmen und einem Gebet aus Dankbarkeit zu beginnen. Das Tischgebet – und sei es noch so kurz – gehört dazu. Eine schöne Geschichte habe ich immer wieder verwendet. Ein Bauer betet vor dem Essen im Restaurant. Der Kellner: Bei ihnen am Bauernhof beten wohl alle vor dem Essen? Nein, sagt der Bauer: Nicht alle. Die Schweine nicht, die Hühner nicht, die Kühe nicht.
  3. „Das Weihwasser aus dem Weihbrunn am Übergang erinnert mich an die Taufe“. „Weihbrunn“ ist kein neues, sondern ein altes Wort, das ich aus der Kindheit kenne. Ein kleiner Behälter mit Weihwasser bei der Haus- oder Wohnungstür macht es mir möglich, beim Verlassen des Hauses mich ganz bewusst unter den Segen Gottes zu stellen in Erinnerung an meine Taufe, mein Christ-Sein.  Das gibt mir Kraft und Orientierung, mich als Christ in der Welt zu bewähren. Wenn Kinder das sehr bald „lernen“, dann kann ihnen der Weihbrunn ein „Orientierungsbrunnen“ für das ganze Leben sein.

Nichts Neues sagen jetzt hoffentlich viele. Stimmt. Es ist damit ja auch die tiefste Sehnsucht des Menschen nach Orientierung, nach Gemeinschaft und dem Gesegnet-Sein angesprochen. Die Frage ist ja nur, ob die Kirche diese Sehnsucht mit Ritualen und Symbolen füllt, oder die Ritual- und Symbolmaschinen der neoliberal geprägten Wirtschaftswelt. Dort geht es nämlich schlicht und einfach um die „Austreibung des Anderen„. Und genau das steht konträr zu Mt 25, 31ff. Und Danke der Jugend, dass sie sich Gedanken macht.