Wir erinnern und erzählen, damit wir uns den Aufbruch ersparen?

Aktionen ziehen durch das Land. Das Konzil wurde eröffnet. Ab heute sind 50 Jahre ins Land gezogen. Papst, Bischöfe und deren Institutionen sind in Aktion. Schwerpunkte in den Zeitungen. Nostalgische Fotos von Konzilsvätern werden von Großmüttern und Großvätern begeistert interpretiert. Da war Aufbruch zu spüren und tatsächlich wurde Aufbruch gelebt. Das Establishment, die Elite der römischen Kirche hat in ihrer Machtstarre ganz übersehen, dass rundherum alles „fluid“ geworden ist. „Kristallisierte Kompetenz“ traf auf „fluide Kompetenz“. Der individuelle Mensch entwickelt sich auch von der fluiden in die kristalline Realität. Im Alter von 50 Jahren etwa wird diese Veränderung spürbar. Das sagen Menschen (um sich das Wort ExpertIn zu ersparen), die etwas von „Beschäftigung und Employabilty“ verstehen. Das Konzil wird 50 und „kristallin“.

Die Körpersprache sagt: erstarrt

Das wohl berühmteste Foto lacht mich von der Titelseite von „informiert“ an. Das ist die Mitarbeiterzeitung aus Linz. Die Bischöfe sitzen in Reih und Glied im Petersdom. Eine äußerlich starre Angelegenheit. Da hat sich seit der Zeit damals nicht viel verändert. Ich erinnere mich noch an eine Nachbesprechung zum Papstbesuch in Mariazell. Der ORF-Sendeverantwortliche war wütend, weil durch alle Kameras, die auf den Altar hin aufgenommen haben, nur Bischöfe im Bild waren. 100 Bischöfe waren im Hntergrund aufgestellt. Keine Frauen, keine Ordensleute, keine „Zivilisten“. Er resümiert: „Diese ausschließlich klerikale Männerlastigkeit können wir heute nicht mehr so senden.“ Dann kommen mir Ordensmeetings in den Sinn. Bunt, vielfältig, unterschiedlich. Da ist etwas in Bewegung. Das deutet eine fluide Realität an. Unterschiedlichste Knotenpunkte sind sichtbar. Manchmal erfüllt mich ein Stück Wehmut und dann wieder Zorn: Sind nicht viele, sehr viele Festgottesdienste, Veranstaltungen und Feiern körpersprachlich so aufgebaut, dass sie den Aufbruch nicht einmal andeuten? Der fluide und kommunikative Geist wird beschworen im Sitzen und Stehen. Wie war das? Pilgerndes Volk Gottes. Aber: „Es bleibt ohnehin alles so, wie es wird.“