Der Beamer sieht alles

Keine Besprechung, in der nicht ein Beamer mitmischt. Brauchen wir den Beamer? oder ist ein Beamer vorhanden? sind Fragen, die heute eigentlich keine Fragen mehr sein sollten. Dank PPT werden Inhalte, Vorhaben und Fakten „in Form gebracht“. Kaum vorstellbar, dass eine Beratung ohne Beamer auskommt. Alles fein dargestellt. Alle Slides flutschen dahin. Die GesprächsteilnehmerInnen verlieren sich aus den Augen, weil sie an der Leinwand hängen. Einer oder eine strampelt sich ab und erläutert die Sachlage. Einmal interessanter und ein anderes Mal sprechen die Bilder, schreien die hereinfahrenden Sätze und Bilder nach Aufmerksamkeit. Dort und da fällt ein Auge zu. Es geht sanft dahin. Der Beamer gibt sein bestes und lässt alles in bestem Licht und den strahlensten Farben erstrahlen. Der Beamer sieht zeigt und sieht alles.

Wo das vorkommt?

BeamerDas sicherlich interessanteste Material bekommen die Beamer in den Ministerbüros, den Landesregierungsbüros und den Vorstandsebenen großer Firmen und Organisationen zu sehen, wenn die Agenturen antanzen und ihre „Studien“ und „Strategien“ ins Rennen führen. Da ist es – wie wir in den letzten Jahren bitter erfahren – schon dort und da vorgekommen, dass eine solche PPT von einem „Junior Consultant“ zusammengebastelt wurde und mit großer sonorer (nicht senorer) Stimme vorgetragen wird. Dort und da wurden diese drei Buchstaben (PPT) auch teuer, sicher oft zu teuer bezahlt. Der Beamer hat es gesehen und sicher öfter war ihm  nach Absturz. Viel könnten diese Beamer erzählen, wenn sie nicht so stumm an der Decke hängen würden und nach Gebrauch sogar in die Decke hinein verschwinden (können). So mancher Beamer nimmt so sein Wissen über die Zukunft mit hinein in sein Versteck, das uns als normal „Bodenständige“ (oder „Bodengängige“) sehr interessieren würde. Schon die Titel der Präsentationen bringen die Tragweite zum Ausdruck: Agenda 2020, Arbeitsplatz 2020, Kursbuch 2011-2016, Energie 2025, KMU Strategie 2030, Produktionsstandort 2050,  usw. Diese Jahreszahlen dürften die Beamer in letzter Zeit öfter gesehen haben. Schön wäre es, wenn jener Beamer einen lauten, aber ungefährlichen Knall tun könnte, der 2113 oder mehr sieht. Dieser unglaublich weite  Blick in die Zukunft ist für Politiker und Verantwortliche oft eine wunderbare Sache. Sie lässt das Jetzt und Heute blass und für manche sogar unwichtig erscheinen. Politiker und Wirtschaftsbosse bilden sogenannte Zukunftsnetze, die sie sich von Agenturen zimmern lassen. Inhaltlich und strukturell. Attraktiv und strahlend. Der Beamer ist das Medium, das sie so in die Zukunft führt. Deshalb wird der Raum immer auch verdunkelt, damit das Heute und Jetzt nicht zu viel  hereinscheint, sondern sich jede und jeder mit dem Beamer ungestört in die Zukunft beamen kann. Ob die „Bodengehenden“ auch dorthin wollen? Das fragen sich viele und so mancher Beamer.