Dank mit Widerstand

„Ich glaube, wir tragen den Drang in uns Gewalt auszuüben, in Konkurrenz zu treten, den anderen zu zerstören, unsere Überlegenheit zu beweisen und unsere Vorherrschaft zu etablieren. Das hat jeder von uns. Aber zugleich tragen wir die Fähigkeit in uns großzügig, einfühlsam und geschwisterlich zu sein, und wir können die starken Seiten unserer Menschlichkeit nähren.“ – so habe ich es dieser Tage in Assisi vom „Mitschreiber“ der Charta der Menschenrechte 1948 Stephane Hessel im Publik-Forum gelesen. Im Leib-Seele-Gespräch meinte er weiter: „Ja, ich hoffe auf das Gute, und doch fürchte ich auch das Gegenteil. Deshalb ist es heute eine Gesellschaft, die verändert werden muss. Man kann sich nicht einfach mit der Art zufriedengeben, in der heute die globale Gesellschaft funktioniert. Man muss in der Lage sein, den Trends in dieser Gesellschaft zu widerstehen, die uns gefährlich und ungesund erscheinen. Das ist die besondere Aufgabe der jungen Generationen.“

Die Kraft zum Widerstand

In diesen Wochen wird allerorten Erntedank gefeiert. So betrachtet, wird Erntedank zum Widerstand gegen menschenfeindliche Tendenzen, gegen puren Egoismus und ausbeuterisches Verhalten. Wir sind Gott dankbar für alles und protestieren doch zu wenig dagegen, dass vieles so schief läuft. Manchmal denke ich mir, sollte die Erntekrone nicht die Fülle zeigen, sondern die Ungereichtigkeiten darstellen. Vor meinem inneren Auge taucht dann eine Krone auf, die nur zu 20% mit Getreide bebunden ist. 80% schauen die Drähte nackt in die Kirchen. So ist nämlich die „Fülle“ weltweit verteilt. Die Pfarrgemeinschaften sind hier gefordert, Stellung zu beziehen, sich zu entscheiden und einander zu unterstützen, damit die Seite der Menschlichkeit wachsen kann. Tiefe Dankbarkeit verleiht die Kraft zum Widerstand, um der Menschen und Gottes willen.