Das bist du

111In bewegten Zeiten, wie wir sie gerade erleben, ist es nicht einfach, klare und nachhaltige Gedanken zu fassen. Rein, aufbauend, der Menschheitsfamilie gerecht. Da ein Buch, dort eine gute Zeitung, hier eine Bloggerin mit einem feinen Gedankengang und dort ein ermutigendes Wort über Facebook oder Twitter. Wobei gerade heute sozialen Medien als nicht gerade sozial erscheinen. Sie machen den Menschen eng und radikalisieren ihn. Beispiel: Durch personalisierte Werbung verengt sich die Sichtweise auf das Leben. Verengung hinein in die eigene Angst. Verlustangst. Das findet statt. Und der Sündenbockmechanismus funktioniert besser und schneller denn je.

Die Wurzel der Mitmenschlichkeit

Da fällt mir ein Ausspruch aus den Upanischaden in die Hände: „Tat tvam asi! Das bist du!“ Er steht im philosophischen Teil der altindischen Veden. „Das bist du!“  Was ist das Anliegen dieses Ausspruches? Welche Spur legt er dem Menschen? Es heißt: Alles Lebendige gehört zusammen und ist eins. Alles hat am einen Leben teil. Was wir einem anderen antun, das tun wir uns selbst an. Für das Zusammenleben läuft alles darauf hinaus, sich im anderen zu erkennen. Schau nur genau hin und du wirst entdecken, dass du glückliches Wesen bist. Wer solche Anschauungen verinnerlicht hat, verliert irgendwann jeglichen Groll gegen seinen Mitmenschen. Und dieser Mitmensch ist weltweit gemeint. Das ist die Wurzel aller Mitmenschlichkeit, der Humanität, die keineswegs eine Erfindung des Abendlandes ist. „Das bist du!“ ist das Geschenk der hinduistischen Menschensicht. Alles ist verbunden. Das trifft punktgenau mit den Ausführungen von Papst Franziskus in #LaudatoSi zusammen: „Die Sorge um das gemeinsame Haus“. Als jesuanisch geprägte ChristInnen sollten wir nicht müde werden, uns von den „wehrhaften und abschottenden Christlichkeiten“ mancher Parteien klar zu distanzieren. Mag die Situation noch so verzwickt sein (und wir haben sie selber in den letzten Jahrzehnten durch Waffenlieferungen und fossile Abhängigkeit verursacht), geht es immer um ganz konkrete Menschen. Nie um Massen. „Das bist du!“