Der skeptische Thomas

Am Puchanauer KreuzwegVom „ungläubigen Thomas“ haben wir schon in der Schule gehört. Da schwang eine ordentliche Portion „Moral von der Geschichte“ mit. Selig die, die nicht sehen und doch glauben. Habt einfach Vertrauen. In meiner Predigt am gestrigen Sonntag habe ich versucht, die Skepsis und den Zweifel hoch zu halten.

„Hüte dich vor denen, die auf jede Frage sofort eine Antwort wissen“, habe ich schon als 18-Jähriger in die Maturazeitung geschrieben. Schnell bewundern wir fälschlicher Weise „eloquente Menschen“. Überall quasseln sie zu gestellten Fragen. In letzter Zeit ist es sogar nebensächlich, welche Frage gestellt wurde. Es wird gequasselt. Noch nie habe ich in Interviews gehört, was ich vor Jahren in Bamberg auf einem Bierdeckel gelesen habe: „Ihr Frage ist so gut, dass ich sie mit meiner Antwort nicht zerstören möchte.“ Persönlich bin ich überzeugt, dass es für den Gang in die Zukunft wesentlich wird, die „mächtigen Fragen“ zu finden. Zu viele Antworten geistern herum. Beispielsweise: Was und wie müssen wir tun, damit es von Beginn an gut ist? Eine Frage mit Blick auf den Klimawandel und den fundamentalen Wandel hin zu einem „convivialem Leben im Sinne von LaudatoSi“. Wirtschaft als Kreislauf gestaltet und nicht als elliptische Bahnen rund um den Mammon, das Kapital und dem Überreichtum einiger weniger. Da genügen keine Werbespots für ein äußeres Greenwashing. Es braucht die tiefe Berührung und das tiefe Verstehen der Kreisläufe in der Natur, um unser Leben danach auszurichten.

Ein Lob auf den Zweifel und die Skepsis

Um Berührung ging es auch in der Geschichte vom skeptischen, nachfragenden, kritischen Thomas. Wer Glaube sagt, meint im Grunde ident Vertrauen-können. Thomas blieb skeptisch dieser neuen Wahrnehmung seiner Freunde und Freundinnen gegenüber. Sie haben ihn gesehen. Mit eigenen Augen. Den Auferweckten und Gewandelten. Da lag wieder Hoffnung und Zukunft in der Luft. Jetzt geht es wieder weiter. Und Thomas sollte einfach mitkommen. Wahrscheinlich haben sie seine Frage als „Vertrauensbruch“ gedeutet: Willst du uns nicht glauben? „Nein. Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ Thomas verlang Fakten, mit eigenen Sinnesorganen wahrgenommen und überprüft. Und genau deshalb kommt ihm diese neue Realtiät entgegen.

Ich kürze ab. Genau durch die Skepsis dieses Thomas haben wir einen Bericht von der „unmittelbaren Begegnung mit dem Auferstandenen“. Er hat hingegriffen, ihn angefasst, an seine Hände gelassen und gemeint: Ja, du bist es. Dieses Nachfragen wird oft als lästig dargestellt. Wie bei den Chats (Schmid, Kurz, Blümel), wo wir jetzt „dahinter“ sehen, ein Bild davon bekommen, was vorgepielt und was tatsächlich war. Das ganz Neue wurde in der VP-Wahlwerbung euphorisiert beschworen, die Fakten zeigen jetzt eine ganz alte Politik, nur „frecher und familiärer“. Quintessenz: Ein großes Lob auf den zweifelnden, skeptischen, genau hin und angreifenden Thomas. Er gibt uns damit den Mut, selbst den Zweifel als kleinen Bruder des Glaubens zu sehen und zu begreifen. Genauso ein Lob auf Journalist*innen, die sich selbst ein Bild machen und der mächtigen PR-Maschinerie im wahrsten Sinne des Worte „widerstehen“. Sachliche Kritik und Nachfragen vertiefen die Wahrheitssuche, führen uns vom Angekündigten in die tatsächlichen Taten.