Hart sitzen

KirchenbänkeDie Anmeldung zu einem Newsletter stellt wahrscheinlich diese Fragen: Wird mich der Inhalt nähren und inspirieren?  Werde ich nachher die Welt in ihren Zusammenhängen besser verstehen?  Mir ist wichtig geworden, dass ich auch irritiert werde, Fremdes zugemutet bekomme. Schon oft hier hereingeworfen: Fremdes bereichert.

„Eine harte Sitzgelegenheit formt unsere Wahrnehmung der sozialen Situation und auch unsere kognitiven Prozesse. Auf harten – unnachgiebigen – Stühlen sind wir weniger empathisch dem anderen gegenüber, weniger nachgiebig und beharren stärker auf unserem Standpunkt.“  Martin Grunwald schreibt das in Homo Hapticus. Der internationale Pastoralinnovator Georg Plank zitiert das in seinem Pfingstkalender 2021 unter dem Titel „Harte Bänke machen hartherzig“. Eine Behauptung, die er weiterspinnt und fragt: „Harte Sitze machen hartherzig? Wenn das stimmt, dann müssten wir doch in unseren Kirchen, Besprechungsräumen und Gemeindezentren schleunigst alle harten Sitzmöbel rausschmeißen und durch bequemes Mobiliar ersetzen!“ Er geht dann so weit, dass wir Gott mit „angenehmem Mobiliar“ den Weg eher bereiten können als mit harter Sitzunterlage.  Mein Blick geht zu meinem Sitzball, auf dem ich immer wieder Platz nehme. Weich und etwas wachelig. Das hält nicht nur den Rücken fluid, beweglich. Nebenbei tauchen Sitzerfahrungen auf, wo nicht nur die Sitzunterlage als hart in Erinnerung ist, sondern die Kirchenbänke selber kein normales Sitzen möglich machen: „Da zwickst drinnen wie eingesperrt.“ Da könnte ich jetzt spontan ein paar Kirchen aufzählen, die seit Jahrhunderten so geblieben sind und das Größenwachstum des Menschen einfach ignorieren. Wohin mit den Knien?
So manche Stammtischrunde hat der eine oder andere Wirt dadurch entschärft, dass er Sitzpolster zuwirft. Es stimmt: Leidet das Sitzfleisch, wird auch die Seele härter.
Dieser Newsletter auf Pfingsten hin lässt mich beispielsweise besser verstehen und – schmunzeln.