Der Urlaub verneigt sich und geht

In Irland

Es stimmt. Wer länger als drei Wochen Abstand zur Arbeit genommen hat, dem wird ganz leise die Freude an der Arbeit aufsteigen. Es erwacht die Sehnsucht, wieder einen Beitrag für das Ganze aus dem eigenen Aufgabengebiet zu gestalten. So spüre ich es heute. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir im Dompfarrhof sozusagen in der „Dompfarrhoffamilie“ in Linz gelebt und gewohnt haben, die Kinder klein waren und der damalige Dompfarrer Johann Bergsmann am Abend noch in unsere Wohnung gekommen ist, einen schönen Urlaub und Erholung gewünscht hat mit den Worten: „So und jetzt will ich euch drei Wochen nicht sehen.“

Drei Wochen Abstand geht nicht

Bauernarbeit

Bauernarbeit

Wir waren dann wirklich drei Wochen „Pfarrhof abstinent“. Das hat unglaublich gut getan. Die erste Woche war einfach Müdigkeit. Die zweite Woche war Erwachen. Die dritte Woche war Ideen, Sehnsucht nach Daheim, gute Gedanken an Menschen, die wir das ganze Jahr über begleiten durften, die mit uns Pfarrleben in der bunten Vielfalt mitgestaltet haben. Der Abstand, die Distanz ist eine Kunst. Der Dompfarrer hat sie uns übrigens vorgelebt. Er war dann auch drei Wochen weg und hat uns alle Schlüssel und die Verantwortung übertragen. Ein unglaubliches Vertrauen. Nach einem Assisi-Vortrag ist ein Firmeninhaber zu mir gekommen und hat gemeint: „Ich kann mir keine 4 Wochen Zeit freischaufeln so wie du.“ Angeblich habe ich zu ihm recht spontan gesagt: „Und was ist, wenn du stirbst. Dann fehlst du mehr als 4 Wochen.“ Das hat diesen Mann so „aufgewühlt“, dass er ein Jahr später 4 Wochen zu Fuß nach Assisi gegangen ist. Von dort hat er mich angerufen, mir diese Begebenheit erzählt, an die ich mich im Detail gar nicht mehr erinnern konnte.

Jonas ist da

Jonas ist da

„Ich habe Abstand genommen und bin jetzt nach 4 Wochen da, in Assisi.“ Großartig. Distanz und Abstand geht, wenn man selber will. Und das ist heute – im digitalisierten Zeitalter – der Hacken. Will ich überhaupt Distanz? Geht nicht Wichtiges vorüber, ohne dass es mich erreicht? Geht Leben überhaupt ohne Arbeit? Noch dazu, wo die Arbeit Freude und Sinn macht? Lassen die Firmen Menschen überhaupt „aus“? Die digitale Leine scheint allgegenwärtig.

Smartphone als verführerische Brücke

Ich gestehe. Es ist mir damals – es war noch die vor-digitale Zeit – leichter gefallen, Abstand zu gewinnen und zu halten. Heute geht überall und immer ein Gerät mit, das nicht nur telefonieren kann, sondern auch fotografiert, Emails anzeigt, Informationen bereit hält und die „soziale Brücke“ darstellt zur digitalisierten Realität und Beziehungswelt. Der ganz normale Alltag eines Kommunikations- und Medienmenschen geht mit. Ich habe heuer einige Funktionen des Smartphones vermehrt ausprobiert. Abschalten.

In der Natur

In der Natur

Flugmodus. Gerät alleine lassen. Es geht noch nicht wirklich gut. Vielleicht hat mich bisher noch keiner so radikal angesprochen und gemeint: Was ist, wenn du gestorben bist, dann hat das Smartphone auch niemanden. Stimmt. Im nächsten Jahr werde ich meinem Smartphone drei Wochen Urlaub geben. Ich werde mich bei ihm verabschieden und sagen: „So und jetzt haben wir drei Wochen nichts miteinander zu tun.“ Ich bin gespannt, ob das Gerät es genießen wird. In jedem Fall habe ich heuer schon geübt. Mit mehr oder weniger „Erfolg“ und Distanz. Der Urlaub verneigt sich und geht.