Geld pflegt, kocht und serviert nicht

„Wir suchen“, haben wir sowohl im Innviertel als auch im Waldviertel in den letzten Tagen zu hauf gelesen. Im städtischen Bereich so und so. Das geht von Gasthäusern über technikaffine Produktionen bis hin zur Pflege. In der Covid-Zeit ist einiges an „substanzieller Systemrelevanz ausgeronnen“.  Dazu kommt die Just-in-time-Globalisierung. Ein Fahrradsattel beispielsweise, der nicht kommt.

Vor einigen Jahren hat Heini Staudinger von seinen Anfängen der Schuhwerkstätte hier in Schrems im Waldviertel erzählt. Heute haben wir ihn wieder kurz getroffen. Damals ist er zur Bank gegangen, hat um einen Kredit gefragt. Dort hat er folgende Antwort bekommen, die direkt in die heutige Misere führt: „Nehmen Sie sich zwei bis drei Leute, verlagern sie die Produktion in das billige Ausland und sie werden viel mehr Geld machen als mit mit ihrer Schuhfabrik hier in Schrems im Waldviertel.“ Wir wissen: Heini hat den Kredit nicht bekommen, hätte ihn von einer so denkenden Bank auch nicht genommen. Er ist geblieben, hat Menschen hier Arbeit gegeben und die Wertschöpfung in der Region gelassen, hat das Schuhhandwerk damit in Österreich am Leben erhalten und ein lokales Inklusions-Wirtschaften betrieben. Unternehmer wurden damals wie heute „so beraten“. Produziert wird im Ausland und das Geld hier wird ein Vielfaches sein. Die Folgen kennen wir, ohne die Sachlage in ihrer ganzen Dynamik und Breite beschreiben zu können. Das Handwerk hier ist großteils gestorben. Und wenn wir hier Handwerker*innen im Service, in der Küche, in der Pflege gebraucht haben, dann sind sie „aus dem billigen Osten eingeflogen oder angekarrt worden“.

Geld arbeitet nicht

Covid hat diese unermesslich vielen Just-in-time-Lieferketten und diese unterbezahlten Servicearbeiten unterbrochen. Ein Fahrradhersteller hat heute das Problem, dass er seine Fahrräder nicht ausliefern kann, weil der Fahrradsattel nicht kommt. Woher er kommt, verschweigt er. Das alles sehen wir täglich, davon lesen wir, können wir beobachten und wahrnehmen. 310 Milliarden EUR liegen derzeit in „privater Hand“ in Österreich. Genau dieses Geld macht den arbeitssuchenden Menschen jetzt den Vorwurf, „dass sie nicht arbeiten wollen“. Noch immer keine breite Diskussion darüber, diese Berufe besser zu bezahlen. Geld wäre genug da. Das Einsehen ist allerdings noch nicht durchgedrungen, dass genau dieses viele Geld weder kocht, noch serviert, noch pflegt. Allerorts ist auch zu spüren, dass „jetzt sofort“ geliefert werden muss. Da kommt mir die Rede des Häuptling Seattle der Suquamish aus dem Jahre 1854 wieder massiv in den Sinn, in Erinnerung, schier in die Ewigkeit hinein gesagt: „When the last tree is cut down, the last fish eaten, and the last stream poisoned, you will realize that you cannot eat money.“ Essen gibt es hier bei uns in Europa zwar in Überfülle, wir sehen aber: Geld arbeitet nicht.