Gesundheits- oder Gerätemedizin?

„Der Mensch ist überall zum Kostenfaktor degradiert worden“, war ein zentraler Satz von Heiner Geißler in Gmunden. Wenn ich die Spitalsreform so betrachte und die Gespräche dazu zusammenfasse, dann möchte ich sagen: Der Mensch ist im Zusammenhang mit dem Krankenhaus zur „defekten Maschine“ degradiert worden.

Selbstheilungskräfte werden nicht angeregt

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer Krankenhausseelsorgerin vor längerer Zeit, die sowohl bei den Patienten, die sie betreut, als auch in einem Fall am eigenen Leib erlebt hat, dass die Angst vor allen Untersuchungen und den damit verbundenen Maschinen größer war als jede Erinnerung an die Selbstheilungskräfte. Ein Tag besteht darin, sich auf jene Maschine einzustellen, durch die man dann geschoben wird. Das lässt alle Zuversicht schwinden und lenkt alle Energie auf den Output des Computers mit „Zahlen und Fakten“, die dann im persönlichen Empfinden vage interpretiert werden. „Niemand spricht mit dir über deine Selbstheilungskräfte, darüber, was ich selber zur Gesundung beitragen kann“, schildert sie. Alle Konzentration auf die Maschinen, die ja ihren Preis gekostet haben und die zu den Allwissenden geworden sind.

Niemand hat mich berührt

Gestern führte ich ein Gespräch über eine ähnliche Erfahrung. Eine Frau mit 40 hatte ein „dick geschwollenes Knie mit unendlichen Schmerzen“. Man brachte sie ins Krankenaus. Sie schildert ihre Erfahrung etwa so: „Dort standen einige Ärzte um mich herum, schauten das Knie aus wohlgefälliger Distanz an, beorderten mich zum Röntgen und entließen mich nachher mit einem Schmerzmittel und meinten: Es fehlt ihnen nichts.“ Niemand hat das Knie und das Bein angegriffen. Sie ging zum „Boandlrichter“, der den Fuss angefasst und den eingeklemmten Nerv befreit hat.

Mensch oder Maschine?

Wenn ich an die laufende Spitalsreform denke, dann fehlen mir ein paar Prämissen, die zuerst abgeklärt werden müssen, bevor es um das Geld und die maschinelle Versorgung geht. „Was ist der Mensch?“ ist die zentrale Frage in diesem Zusammenhang. Die perfekte Maschine? Und in der Betrachtung dann natürlich die defekte Maschine, die mit hohem maschinellen Aufwand wieder repariert werden soll. Sündteure Geräte und Abteilungen wurden in den vergangenen Jahren angeschafft und vorher genehmigt, ja in Wahlveranstaltungen versprochen. Je teurer und näher die Maschine, umso gesünder die Region.  Welches Menschenbild steht hinter dieser „Gesundheitspolitik“? Der Mensch in der „medizinisch-technischen Reparaturwerkstatt“. Die Gesundheit ist heute zur ersten Religion geworden. Darum wird dort alles geopfert. Rituale, Liturgien und „Frömmigkeitsformen“ sind schon gefunden.  Auch in dieser Religion muss geklärt werden: Was ist der Mensch? Wird der Mensch durch diese hochtechnische Gerätemedizin gesünder?

Es bleibt im Raum: Niemand hat sie berührt – außer die Maschinen!