Gut für Garten – Saustall in der Küche

Die neue Seligkeit von Johannes Paul dem Zweiten ist nun doch einige Tage her, sodass mit einigem Abstand „nachsiniert“ werden kann. Christine Haiden hat in ihrer Donnerstag-Kolumne einige „blutige“ Aspekte beleuchtet. Die römische Stattverwaltung war ob der angefallen Kosten nicht gerade erfreut. Bischof Schwarz und Bischof Aichern haben ihre je eigenen Erinnerungen und Annäherungen an diesen Papst geschildert. Auch für mich war dieser Papst von zwei Seiten erlebbar und spürbar. Auf der einen Seite das Hinausgehen in die Welt und auf der anderen Seite diese extreme hierarchische Strenge. Das Innen- und Außenbild war sehr unterschiedlich.

Besuch aus Ungarn

Es war im Sommer 1999. Über Freunde haben wir erfahren, dass ein ungarisches Ehepaar in Kirchschlag ein Familienseminar mitmachen möchte und das Geld nicht hat für die Übernachtung im Seminargasthof. „Kann dieses Ehepaar nicht bei euch übernachten?“, war die Bitte. Wir haben zugesagt und es war ein sehr schönes Geschenk, diese Leute im Haus zu haben. Abends sitzen wir auf der Terasse und brachten Gott und die Welt zur Sprache – auch die Kirche. Wir haben auch über den Papst gesprochen, sein hartes Niederschlagen der Befreiungstheologie, die Kurie in Rom und seine Weltreisen und was er damit vor allem in Osteuropa bewirkt hat. Der Ehemann (in der ungarischen Fernsehbranche tätig) hat schließlich als Zusammenfassung dieses Pontifikat nur den einen Satz gesagt, der vieles, ja alles bis heute erklärt: „Dieser Papst ist gut für Garten, aber Saustall in der Küche.“ Damit war für mich vieles klarer – gerade auch in der heutigen Entwicklung der römischen Kirche.

Wie vieles im Leben, hat auch das Leben und Wirken dieses Papstes zwei Seiten. Eine Seligsprechung sollte nicht dazu führen, die Schatten zu verdrängen.