Das Ostern 21

Der Weg nach EmmausBlumen unten und Pulverschnee oben. Dazwischen ein kälter gewordenes Frühlingserwachen am Karfreitag. Chats fliegen durch die Medien und demaskieren gerade die vom Volk geborgte Macht. Das L-Wort schwebt bedrohlich auf Augenhöhe. Nach außen hat alles seinen Anschein. Geht Ostern einfach vorüber?

„aufleben, lieben, hinfallen, liegenbleiben, auf-er-stehen“ sind die Marker für die Kartage und Ostern. Der gestrige Gründonnerstag mit der Fusswaschung vernetzt die Menschen hinein in den „hinknienden Dienst aneinander“. Wer das schon einmal hautnah erlebt hat, dass dieses Ritual „getan“ wird, weiß, wovon ich spreche. Sich die Füsse waschen lassen erfordert mindestens so viel Demut wie jemand anderem seine oder ihre Füsse zu waschen. Früher war die Fußwaschung ein eigenes Sakrament, das die Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit verloren hat. „lieben“ ist in unserer Zeit in gewisser Weise auch demoliert worden durch Doppelmoral und marketingegtriebener Oberflächlichkeit. Byung-Chul Han schreibt, dass wir früher eine „Gemeinschaft ohne Kommunikation“ hatten und heute dafür eine „Kommunikation ohne Gemeinschaft“.  „lieben“ schafft Gemeinschaft. Das ist die eigentliche Herausforderung für Liturgien. Es wird viel von Liebe gesprochen. Die Politik steht genauso vor dem Abgrund, über Politik zu reden und nicht mehr Politik zu betreiben, zu machen, zu gestalten. Chats zeigen das, was wir vermuten. Das führt uns zum „hinfallen“ und weiter zum „liegenbleiben“.

Auferwecken lassen

Schauen wir rüber zu Ilija Trojanow und seiner Gebrauchsanweisung für das Reisen. „Gegenwind“ nennt sich ein Kapitel in dem lesenswerten Buch. Sich aussetzen und draußen wahrnehmen statt drinnen zu konsumieren wird von ihm reflektiert: „Draußen widerstehen einige wenige den Versuchungen der Gemütlichkeit, setzen sich dem Wind und der Kälte aus. Jene, die drinnen bleiben, sind angeregt, beeindruckt, inspiriert, jene, die dem Wetter trotzen, sind schlicht nicht nur durchnässt, sondern auch durchdrungen von der Einmaligkeit dieser Landschaft. Die drinnen schlürfen Tee, die da draußen trinken Exstase.“ Reisen finden heute im gesicherten Wattepausch statt und überall die Reißleine der vorgekauten Information dabei. Das Fremde weist keine Untiefen mehr auf, weil wir sie in der Komfortzone umschiffen. „So bleibt das Gefühl der Befremdung auf der Strecke, das Gefühl, sich zu verlieren, das Gefühl, nicht zu verstehen, das Gefühl, nackt zu sein.“ Bei meinem Weitgehen bin ich doch oft „angestanden“, habe nicht weitergewusst. Gerade dieses „Ausgesetzt-Sein“ hat mich dafür geöffnet, das Leben anders zu sehen, für Engel bereit zu sein. Ostern mit den Erfahrungen des Scheiterns und Sterbens am Karfreitag und Karsamstag sollte uns herausfordern dürfen. Gerade das schöne liturgische Feiern kann da zu einem komfortablen Ablenkungsmanöver abgleiten. Ostern sollte uns als „fremd gewordenes Leben“ entgegen kommen dürfen. „aufstehen und auferstehen“ hat viel mit eigener Kraft zu tun. Dabei geht es vor allem auch um das „auf-er-wecken“ lassen. Ostern möge uns in fremde Lebensgefielde führen und nicht einfach vorübergehen.