Hineingetaucht in die Wirkkraft Gottes

ORF Lebenskunst

Am Sonntag kann jede:r auf Ö1 ein Stück „Lebenskunst“ ab 7:05 Uhr einsammeln, darunter auch jeweils einen Bibelessay, orientiert an der Schriftlesung des Tages. Am 9. Jän 2022 durfte ich meine Erfahrungen und Erlebnisse beisteuern. Hier zum Nachlesen und Nachhören.

„Mit der Erzählung von der „Taufe Jesu“ beginnt im Zweiten Testament der Bibel etwas Neues: das öffentliche Auftreten des Jesus von Nazareth. Mich erinnert das an einen besonderen Pilgerweg: „Du bist König, Prophet und Priester“ war das Motto für ein gemeinsames Pilgern mit der Katholischen Männerbewegung 2020 am Benediktweg von Spital am Phyrn in Oberösterreich hinunter in die Abtei Seckau in der Steiermark. Wären Frauen dabei gewesen, wäre genauso von Königinnen, Prophetinnen und Priesterinnen die Rede gewesen. Diese Zumutung und dieses Zutrauen liegen – theologisch gesprochen – in der Taufe einer jeden Christin und eines jeden Christen begründet: Du bist gesalbt als König:in, Prophet:in und Priester:in. Der Ingeringsee auf diesem Wegstück des Benediktweges gehört zu den Perlen am Weg. Still und fast unberührt liegt er da inmitten von Natur. Das Wasser spiegelt den Himmel.

Genau das sind die Zutaten bei der Taufe des Jesus von Nazareth am Jordan. Wasser, Himmel und Menschen. Jesus bittet den Johannes, ihn zu taufen. Johannes‘ Leidenschaft lag darin, den Weg zu bereiten für den, der kommen wird. Ohne die Öffnung der Menschen auf das Wesentliche, auf das Zukünftige, ist der Mut und die Kraft zum Wandel gering. Es geht hier nicht um die Menschenmenge, sondern um diese Personen in Beziehung, in Begegnung. Jesus mittendrin. Ihr aufeinander Zugehen, sich zu verbinden, hinein zu steigen in das Wasser, in das Urelement lebendigen Lebens, kann den Blick nach oben öffnen für Überraschendes ….

Damals sind wir bei schönem Wetter in der Bergwiese am Ingeringsee neben der Kapelle gelegen, haben den Blick Richtung Himmel gerichtet, ein fröhliches staunendes Schweigen über uns. Wer bin ich angesichts dieser Pracht und Herrlichkeit? – habe ich mich gefragt. König, der im Dienen am Gemeinsamen die Lebenszusammenhänge ordnen hilft? Prophet, der durch ein kräftiges Hervor-Sagen mithilft, in der Spur jenes Gottes zu bleiben, von dem die Bibel erzählt? Priester, der der Erinnerung an den Jesus von Nazareth und seiner gewachsenen Jesusbewegung Raum gibt?

Du bist mein geliebter Sohn, sagt mir der Himmel, der für alle barrierefrei offen ist; Du bist meine geliebte Tochter.

Wir gehen unseren Weg weiter, um die Abtei Seckau, unser Ziel zu erreichen. Unsere Gespräche am Weg erörtern Sichtweisen. Jeder Mensch möchte mitmachen, mitgestalten, mitmischen und genauso mittragen, mitverantworten. Wer teilnimmt am Ganzen und unkomplizierten Zugang zum Gemeinsamen hat, wird seinen oder ihren sinnvollen Beitrag dazustellen, leisten, beisteuern, wird Verantwortung übernehmen.

Der tiefe Impuls zum Handeln steckt in jedem Menschen. Und folgt man der christlichen Theologie, so sind Christen und Christinnen auf diese innere Dynamik, diese Berufung von innen her getauft und – mit allen Menschen – eingeladen, auf die Wirkmacht Gottes zu vertrauen, auf die innere Stimme, die ihnen sagt: Habt Mut und geht voran. Wirkt in sozialen Feldern, in gottesdienstlichen Gefilden, in öffentlichen Räumen und stiftet gemeinschaftliche Bande, ermöglicht bedingungslose Zugehörigkeit, tragenden Zusammenhalt, tiefe Solidarität.

Die Bibel kennt das Wort Vollmacht. Das meint nicht Gewalt und Herrschaft über jemand Anderen, sondern den Dienst an den konkreten Menschen, dem Gemeinsamen, dem Gemeinwohl, zum Lobe Gottes. Hier und jetzt.“

 

Das war der Ausgangspunkt für diese Überlegungen:
„In jener Zeit war das Volk voller Erwartung und alle überlegten im Herzen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Christus sei. Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Es geschah aber, dass sich zusammen mit dem ganzen Volk auch Jesus taufen ließ. Und während er betete, öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“ [Lk 3, 15-16.21-22]

 

Bei der Predigt im Bergdorf am 9. Jän 2022 habe ich entlang der obigen Gedanken noch einen besonderen Konnex zur PGR-Wahl 2022 im März hergestellt. „mittendrin“ ist der Pfarrgemeinderat, wenn es draum geht, ein jesuanisch-christlich geprägtes Leben in das Gemeinwesen und für das Gemeinwohl vor Ort zur Ehre Gottes und zum Heil der Menschen einzubringen. Es wird auch dort – wie bei der Katholischen Aktion Österreich – auf die Getauften und Engagierten ankommen, „dem Evangelium in Weite und Tiefe Gesichter und Hände zu geben“.

Wollt ihr?„, hat uns 2002 Barbara Dressler damals bei der PGR-Klausur im Bergdorf gefragt: „Wollt ihr, dass ein christlich geprägtes Leben im Bergdorf in 50 Jahren eine Rolle spielt?“. Nach einer Stunde Gespräch haben 15 in der Runde Ja gesagt, einer unentschieden. Wenn das „Christliche“ in Zukunft eine Rolle spielen soll, dann wird es auf die Getauften, die Frauen und Männer, die Jungen und Älteren direkt ankommen. Die  tiefe Zumutung und das Zutrauen liegt darin: Du bist König:in, Prophet:in und Priester:in!