Am Bahnhof läuft ein junger Mann an mir vorbei und ruft: „Super Leserbrief.“ Sein Zug dürfte schon auf ihn warten. Am Telefon Bernhard, der mir den Tod seiner Mutter schildert und froh ist, dass wer „zum Sterben schreibt“. Nach der Chorprobe fragt mich ein Mitsänger nach meinem tieferen Lebensverständnis, weil „Ich habe ihn gelesen, den Leserbrief“.
„Herr Mandlbauer beschreibt aus meiner Sicht recht treffend und doch weitgehend systemimmanent die Grenzerfahrungen der letzten drei Jahre. Die Tonalität der Ernüchterung lässt ihm den aus meiner Sicht nicht treffenden Befund zum menschlichen Leben schreiben: Wir sind eben nicht für Verlusterfahrungen gebaut. Genau das Gegenteil ist der Fall. Der Mensch geht, wenn er alle seine Sinne offen handhabt, auf den größten Verlust zu, den Verlust dieses irdischen Lebens. Wer das Sterben, das Weniger-werden nicht als Teil des Lebens sieht, hat den Grundkonstruktionsplan des menschlichen Lebens nicht im Blick. Mag bei einer technokratisch-technogenen Lebensbetrachtung der Tod ein Betriebsunfall sein, so ist bei einer sozial-ökologisch-spirituellen Betrachtung des Lebens das Sterben im Grundplan des Lebens tief, unentrinnbar verankert. Wer mit „Bruder Tod“ jetzt schon lebt, wird die geschilderten Grenzerfahrungen viel gelassener begehen (können). Der Mensch ist für das Weniger-werden, den Verlust des Lebens gebaut. Er wehrt sich ein Leben lang, das stimmt. Aber er wird einsehen müssen, dass Weniger, Verlust, Reduktion zum Grundplan gehören. Das miterlebte Begräbnis am Tag vor dem Lesen des Leitartikels sei als Argument dazugefügt.“
Hier der Kommentar von Gerald Mandlbauer, auf den sich dieser Leserbrief bezieht.