Pflegenden Angehörigen Raum zum Atmen verschaffen

„Alles, was ihr den Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ Das Evangliar wird gehoben. Wort des lebendigen Gottes. Wir setzen uns in der Annakirche im Bergdorf. Eine Frau geht zum Predigtstuhl, erhebt ihre Stimme. Alessandra Durstmüller ist bei der Caritas Oberösterreich für den Bereich Pflegende Angehörige zuständig. Es ist „muksmäuschenstill“.

Wann werden sie zur pflegenden Angehörigen? Das beginnt mit den ersten Einkäufen, die nicht mehr zu tragen sind. Die Wohnung kann nicht mehr selber sauber gehalten werden. Der Daueranspruch Tag und Nacht gesellt sich leise und beständig ins Leben dazu. Als Lesung haben Greti und Gabi aus einem Tagebuch einer Frau vorgelesen, die ihre Mutter pflegt. Auf der Strasse wird sie dann und wann gefragt: Wie geht’s  der Mutter? Im Tagebuch schildert diese Frau, dass sie nie oder ganz selten diese andere Frage hört: Wie geht es dir mit der Mutter? Diese Frage täte gut, wäre wichtig. Mit selber geht ein ganz anderes familiäres Feld währenddessen durch den Kopf. Ist es nicht auch so, dass eher danach gefragt wird, wie geht es den Kindern? Selten bis nie die Frage: Wie geht es euch mit den Kindern?

Angebote für pflegende Angehörige

Zurück in die Kirche. Die Expertin und Zuständige für diesen Fachbereich Pflege und Angehörige erläutert in der Predigt Lebenshilfe pur. Niemand hustet oder räuspert sich. Die Kirche sehr gut gefüllt.  Es ist  ein Thema, das fast alle irgendwie trifft, so oder so, jetzt, früher oder in Zukunft. Die Aufzählung der Möglichkeiten, die von der Caritas zur Verfügung gestellt werden, ist lang. Hier kann man sich dafür in Oberösterreich melden. Durstmüller ermutigt die Gottesdienstbesucher:innen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, nicht zu lange zuzuwarten, bis man vielleicht nicht mehr kann. Auszeiten nehmen. Möglichkeiten in Anspruch nehmen, „die Raum zum Atmen verschaffen“. Auch psychosoziale Hilfe suchen, weil die Erfahrung zeigt, dass oft Konflikte mit Eltern, die man pflegt, wieder auftauchen, die eigentlich in der Kindheit, in der Jugend liegen oder sich im Laufe der Zeit angesammelt haben. Unpretiös verlässt die heutige „Predigerin der praktischen Nächstenhilfe“ den Ambo und lässt nicht unerwähnt, dass sie nach dem Gottesdienst draußen für Anfragen zur Verfügung steht.

In den Fürbitten werden Zeichen nach vorne getragen, um Hilfe für pflegende Angehörige und die Gepflegten zu erbitten. Der Spiegel dafür, dass wir uns selbst bei aller Hingabe nicht übersehen, die Herzen für  Liebe und Zuwendung, der Polster für ein weiches Dasein für die Gepflegten, Brot für Energie und Wein für die Lebensfreude, die uns in allem nicht ausgehen möge. Vor dem Segensgebet bekommen alle in der Kirche eine Rose, die uns alle in Liebe verbunden halten soll. Eine Frauenscola erfüllt den Raum mit ihren flotten Liedern und Gesängen. Das war heute eine Predigt einer Frau, die bei mir angekommen ist. Deshalb diese Zeilen. Danke.