Räume freihalten und Verschüttetes freilegen

„Haben die Orden Zukunft?“, steht in der Einladung zum Podiumsgespräch im Linzer Schlossmuseum. Der Zug ist pünktlich, das Taxi steckt im Verkehr und so erreiche ich nur mehr die halbe Begrüßung. Die fünf Ordensleute stellen sich vor.

Was war anziehend?

Die Generaloberin der Elisabethinen in Linz, Sr. Barbara Lehner, schildert, wie sie schon als junge Mitarbeiterin in der Küche bei den „Liesln“ von den fünf Schwestern angezogen war: „Die fröhliche umgängliche Art der Schwestern hat mich angesprochen und angezogen.“  Der Regionalobere der Marianisten, P. Hans Eidenberger, schildert, wie er über kleine Schritte in die Nähe der Marianisten gekommen und schließlich dort gelandet ist. P. Karl Bleibtreu von den Salesianern Don Boscos war von der Gestalt Don Boscos fasziniert: „Der stand mitten im Leben. Das war faszinierend.“ Sr. Teresa Hametner von den Franziskanerinnen in Vöcklabruck hat Interesse am Ordensleben gezeigt und sie hat daraufhin aus der Umgebung gehört: „Schau dir die Vöcklabruckinnen an. Die sind normal.“ Herr Markus Grasl von den Chorherren in Reichersberg wurde direkt angesprochen: „Kannst du dir nicht vorstellen, Priester zu werden?“ „Nein“, war seine Antwort und dann hat er das Stift kennengelernt. Mein Eindruck war, dass jede biografische Schilderung als Wegweiser in die Zukunft gesehen werden kann. Da waren es umgängliche Schwstern, dort die direkte Frage, da die kleinen Schritte, hier wieder ein faszinierender Ordensgründer, schließlich eine „normale community“.

Haben die Orden Zukunft?

Es hat von der Moderatorin her ein wenig gedauert, bis die Schlüsselfrage nach der Zukunft kam. Der Grundtenor in der Beantwortung war: Yes. There is future! Sr. Teresa betont, dass die Orden ein schärferes Profil entwickeln müssen. Da fällt mir gleich die A4-Seite mit dem „Profil-Check“ ein. Dann noch der Wille: Wir müssen uns mehr in die Öffentlichkeit  gehen. Balsam auf die Seele eines frischen Medien- und Kommunikationsverantwortlichen auf Ö-Ebene. Sr. Barbara ist sich sicher, dass eine klare Besinnung auf den Auftrag Wege in die Zukunft weist. P. Karl spricht die Liebeswürdigkeit und die Gemeinschaft an. Heute leben viel mehr Menschen mit den Orden mit als früher. Die Salesianer haben Erfahrungen mit Hunderten von Volunteers in ihrem weltweiten Einsatzorten. „Wenn wir für unsere Sache kämpfen und begeistert leben, dann zieht das an“, ist P. Karl überzeugt. Mir fallen sein ungewöhnlichen Aktionen in der Pfarre Don Bosco ein. Wenn in den Ferienmonaten die Kinder in die Pfarre kommen, dann haben 90 % kein Frühstück gehabt. P. Karl geht zum Bäcker und holt Semmeln. Herr Markus bleibt rech gelassen und meint: „Unser Stift besteht seit 920 Jahre und es waren immer zwischen 20 und 30 da.“  Natürlich wurde auch manches Überholte angesprochen und dann viel der markante Satz: „Habt Mut zum Aussterben, damit Neues werden kann.“ Ich atme durch und spüre, dass einzelne kleinere Ordensgemeinschaften nicht weit davon weg sind.

Selbstbewusstsein entwickeln, mutig auftreten

„Wir brauchen uns nicht dauernd entschuldigen, dass es uns gibt“, meint Sr. Teresa. Sie hat recht. Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass es eine falsche Bescheidenheit gibt. Mir selber taugen einfach Menschen und in besonderer Weise Schwestern, die nichts scheuen und erhobenen Hauptes auf Augenhöhe auf die Menschen zugehen. Sr. Kunigunde (sie ist die Vorsitzende der Vereinigung aller Frauenorden) betont das immer wieder. Das Charisma und der Beitrag der Schwestern ist unterschätzt. Deshalb sage ich: Das dürfen über die Medien alle wissen, was hier dahinter steckt und was geleistet wird für die Menschen. Wir werden dazu die eine oder andere Klostermauer überspringen und dorthin gehen, „wo die Menschen sind“. Frei sein und sich nicht binden wollen ist heute das Lebensprogramm. Das steht diametral gegenüber zum Sich einlassen auf das WIR und die Treue zum Auftrag. Heute wollen viele alles haben und wir Ordensleute haben alles, obwohl wir nicht viel haben. Ich denke: Es werden wieder Menschen begreifen, dass hier ein Stück der neuen Freiheit aufleuchtet. Dafür die Räume freihalten und in den Menschen das Verschüttete freilegen, ist die Aufgabe für die Zukunft. Ich finde es eine schöne Sache, hier mithelfen zu dürfen.