Rumänien ist einfach und schön, einfach schön

Welt anschauen ist immer das Ziel, wenn wir mit Weltanschauen unterwegs sind. Schon vor einigen Tagen sind wir alle 27 TeilnehmerInnen wieder vollständig und gut von unserer ökologisch fundierten Reise „Einfach Pilgern in Siebenbürgen“ mit dem Zug zurückgekehrt. Ein Teilnehmer hat geschrieben: „Nochmals herzlichen Dank für Organisation und Führung, aber so ganz weiß ich noch nicht, wie ich das alles in meinem Inneren einsortieren werde.“ Das zeugt von tiefgreifenden Erfahrungen auf den 150 Kilometern am Marienweg von Tg Mures nach Schomlenberg (Csiksomlyo), das „Mariazell der Ungarn in Rumänien“. Über 200.000 Ungarinnen und Ungarn finden sich dort am Pfingstsamstag zur großen Feier ein.  Sind dann doch etwas mehr als in Mariazell, wie wir festgestellt haben. Der „Marienweg“ verbindet beide Pilgerziele. Ein Teilstück sind wir gegangen, gepilgert, gewandert.

Die Kraft der Gruppe

Am letzten Tag sind fünf Leute vom Team des Marienweges mitgepilgert. Sie wollten einfach sehen, wie die größte internationale Pilgergruppe unterwegs ist, die noch dazu ihre Rucksäcke selber tragen. Für mich selbstverständlich. Wie geht sonst das Weniger, wenn ich meinen Rucksack ohnehin dem Shuttle-Dienst übergeben könnte. Ihre erste Frage nachher in kleiner Runde mir gegenüber war: „Wann habt ihr die Lieder geprobt?“ „Gar nicht, sie waren einfach da.“ Ich betone, dass ich es als besonderes Geschenk betrachte, wenn in einer aus ganz Österreich frei zusammengewürfelten Gruppe gleich mehrstimmige Lieder „da“ sind. So wie das Singen, so hat uns das Gehen (übrigens 4,5 km/h durchschnittlich ohne Pausen), haben uns die Gespräche, das Zusammenstehen und die Impulse zusammengeführt und zusammengehalten. „Ich habe gehofft, dass ich es schaffe. Und jetzt stehe ich da.“ Das Essen schmeckt besser in der Gruppe und das Gehen wird „leichter“.

Die Einfachheit

 

Ich selbst habe mir in der Einsiedelei den Luxus gegönnt und bin mit der Zahnbürste in aller Frühe zum 200 Meter entfernten Brunnen gegangen. Das einzige Wasser. Da spüre ich, wie wesentlich diese Einfachheit wird. Und vieles wurde uns am Weg „wertvoll“, weil es so einfach und doch – wie beim Essen – so gut war. Einfache Matratzen, der Kübel als Dusche, das „Stadtcafe“ im Dorf ein kleiner Mini-Mix-Laden. Da lernst du den Kaffee besonders schätzen, weil er auf einmal unvermutet da ist. Ein Mann kommt mit seinem Pferdefuhrwerk vorbei, sein Sohn mit dabei, geht ins Geschäft, kauft sich fünf Eis und ein Bier, gibt alles in ein Sackerl und sie fahren weg. Es war Sonntag. Das war der Sonntag in der Familie. Und da gäbe es noch viele Beispiele, die wir gesehen, erlebt, bewundert, bestaunt haben.

Die Selbstversorgung

Durch die Dörfer gehend haben wir die Selbstversorgung „studiert“. Praktisch hatte jedes Haus alles im und rund um das Haus. Gärten, Wiesen, Felder und die entsprechenden Tiere. Alles da. Wenn nicht die korrupte Regierung alles an den Westen verkauft, sehen wir hier das ökologische Wirtschaften der Zukunft. #LaudatoSi Hier können alle überleben, auch wenn der Supermarkt geschlossen hat. Tagelang Subsistenzwirtschaft. Und so nebenbei erwähne ich, dass wir uns in keiner Sekunde irgendwie „bedroht“ gefühlt haben. Eher das Gegenteil: Unglaublich freundliche Menschen.

Die Ungleichheit

Einmal haben wir nach einem Dorf (es war vorwiegend ein Roma-Dorf) das Gefühl gehabt, durch das Dorf der massiven Ungleichheit gegangen zu sein. Am Ortseingang richtige Schlösser, die sich Roma-Anführer hier errichtet haben. Am Ortsende Elend, das wir gesehen haben und von den BettlerInnen bei uns kennen. Hütten, Verdecke, Planen und Plastikverschläge und alle aus demselben Roma-Stamm. Die Reichsten in unmittelbarster Nachbarschaft zum Elend. Da stimmte nachdenklich. Gibt es aber genauso im Westen.

Das Gehen in der Natur

Meine Erfahrung ist, dass die Natur die beste Therapeutin ist. Auf diesem Weg ist uns besonders schöne und ansprechende Natur begegnet. Die Seele nimmt diese Bilder nährend auf und ich trage diese Erinnerung immer durch den Winter. Dass wir Bärenspuren und Bärenlosungen gesehen haben, hat uns nicht überrascht. Dass uns Hunde eingekreist haben und mit uns Mittagsrast gehalten haben, gehört zur „Natur der Sache“. Ich habe nie Angst gespürt, weil wir Teil dieses Naturganzen inklusive der Schafherden waren, uns so gesehen und benommen haben. Der Pfarrer der Einsiedelei ist über zwei Stunden mit uns weitergegangen und immer wieder habe ich von ihm so leise dahinseufzend gehört: „Es ist fertig. Auch hier ist es fertig.“ Gemeint hat er zwei Dinge: 1. Die Familien sind abgesiedelt und die Häuser verfallen. 2. Durch den Klimawandel trocknen die Bäche und Quellen aus. Er war mit wenig Hoffnung gesegnet. Wir haben ihn durch mehrstimmige Lieder „ermutigt“, sein einfaches „Beispiel“ weiterzuleben. Mit ihm haben wir eine einfache Messe gefeiert. Ein glaubwürdiger Hirte.

Das Schweigen und Reden

Die Tagesimpulse dieses Jahres habe ich aus den „Quellen der Kraft“ genommen. #Atmen, #Mehr und Weniger, #Dankbarkeit, #Liebe, #Gebet und #Vertrauen sind die Zugänge zu einer „geöffneten Spiritualität“. Sechs Tage Gehen und sechs #Themen. Immer wieder haben wir erlebt, dass es nicht einfach ist, „die Komfortzone“ ehrlich zu verlassen, auf Gewohntes verzichten zu müssen und dort und da wortlos zu werden. Die Themen wurden immer „einfacher“, das Reden wandelte sich immer mehr in staunendes Schweigen. Am Ziel angekommen, sassen wir zuerst schweigend in der Kirche bis sich der mehrstimmige Chor in uns erhob. Wir waren happy, dass wir es geschafft haben. Alle.

Dass wir Schässburg, Birthälm, Brasov gesehen haben, erwähne ich nur so nebenbei. Das zusammentreffen mit der Caritas Alba Julia war wirklich erhellend und Bernadett ist mit uns den ganzen Weg gegangen, übersetzend und erzählend. #Danke

Und nächstes Jahr geht es nach Assisi (27. 9. – 7. 10. 2018).
#Vorfreude

4 Kommentare

Zum Kommentar-Formular springen

    • Sonja Steindl auf 12. September 2017 bei 18:52

    Lieber Ferdinand, für mich war es unbeschreiblich aufregende erste mein Pilgerreise! Beim Schweigen und Gehen hat die Tagesimpulse, die du uns verteilt hast wie Atmen, Mehr und Weniger, Dankbarkeit, Liebe, Gebet und Vertrauen, die waren für mich sehr wertvolle Wegweiser. Herzlichen Dank für deine Hilfsbereitschaft, Geduld und Verständnis! Es war ein wunderbare unvergessliche Reise! Danke! Danke! Danke! Lg.Sonja

    • Christine Lahnsteiner auf 14. September 2017 bei 07:00

    Lieber Ferdinand! Ich kann es nicht in Worten beschreiben. Jeden Tag denke ich mehrmals an meine erste Pilgerreise. Du hast mir ermöglicht,zu bleiben. Es war eine Bereicherung für mich. Ich bedanke mich von Herzen.
    In Gottes Namen! LG Christl

    • ASK auf 18. September 2017 bei 08:43

    Vielen Dank für den interessanten Blog und die schönen Bilder! Als Steuerberater habe ich leider oft nicht die Zeit viel zu Reisen und freue mich dann immer über Beiträge wie diesen in dem ich mich schöner Orte und deren Szenerie erfreuen kann ohne dass ich vor Ort sein muss. Liebe Grüße Michael Keulemann von der ASK Steuerberatung Hannover.

    • kaineder auf 18. September 2017 bei 09:09
      Autor

    Danke euch für die Kommentare aus nah und fern. ferdinand

Kommentare sind deaktiviert.