In einem ZIB-Interview hat Bischof Kapellari seine Erwartung an die ab heute tagende Bischofskonferenz in Mariazell so geäußert: „Wir wollen einen Weg in die Zukunft zeigen inmitten einer Gesellschaft, die nicht stabil ist. Da soll die Kirche stabiler werden, um der Gesellschaft zu helfen.“ ( http://bit.ly/aY7QRb ).
Wer hilft hier wem?
Gerade im Falle der Missbrauchskommission wäre es sicher sinnvoller, wenn der Staat selber eine solche unabhängige Missbrauchskommission einrichten würde, um ALLE Missbräuche bearbeiten zu können, die in der Gesellschaft leider geschehen. Die Kirche sollte sich ohne Wenn und Aber in jedem Verdachtsfall sofort dorthin wenden (können und müssen). Es braucht für kriminelles Verhalten keine eigene kirchliche Gerichtsbarkeit. Die evangelische Kirche tut das meines Wissen immer schon. Sie bringt alle Anzeichen und Andeutungen von sexuellem Missbrauch sofort vor die staatlichen Behörden. Also: Der stabile Rechtsstaat wird hier der Kirche in diesen Fällen helfen, mit seinen Organen und Möglichkeiten.
Was gibt Stabilität?
Rainer Bucher aus Graz hat in Mariazell ganz klar gesprochen. Die Kirche muss Abschied nehmen von ihrer „Macht“ und muss endlich das tun, was ihr bei den Menschen „Autorität“ verleiht. Nur: Manchmal habe ich bei solchen Aussagen von stabiler Kirche den Verdacht, dass die bestehenden Machtinstrumente wieder besser geölt und in Betrieb genommen werden sollen. Klare Hierarchien, klare Aussagen, klare Positionen. Genau das wird der „instabilen Gesellschaft“ nicht wirklich helfen, weil die Positionen der Amtskirche in ihrem dogmatischen Aussagen den Menschen wirklich fremd geworden sind, vor allem den KatholikInnen selber. Was hilft ein Leutturm am Nordpol, wenn dort keine Schiffe mehr vorbeikommen. Autorität folgt einer anderen Logik.
Beweglichkeit, Grenzüberschreitung und Empathie im Namen Gottes für den Menschen
Wenn die Kirche in der Gesellschaft helfen will, dann muss sie dem Menschen ganz konkret bei seinen Problemen helfen. Ganz praktisch und vor Ort. Sie darf nicht weggehen von den kleinen Pfarren und sie darf das Geld und den Kirchenbeitrag in den großen Töpfen oben verrühren. Sie muss Menschen zur Verfügung stellen, die Zeit und Energie haben, das Evangelium vor Ort zu leben (und nicht in fünf Pfarren gleichzeitig). Sie muss sich mit den Menschen verknüpfen, die heute aufbrechen in eine neue Gesellschaft und Wirtschaftsordnung. Das verlangt Beweglichkeit, Grenzüberschreitungen und die Kraft der Empathie. Eine Linzer Pfarre nimmt sich dafür eine Kommunikationsagentur zu Hilfe, damit sie lernt und sensibilisiert wird darauf, was Menschen heute brauchen. Der Pfarrer hat dieser Tage gemeint: „Die räumen uns einiges schon im Vorfeld herunter.“ Es wird noch viel „herunterzuräumen“ geben, damit die wirkliche jesuanische Kirche sichtbar wird. Franziskus hat sogar sein Kleider „heruntergeräumt“ und stand nackt am Stadtplatz von Assisi. Das war eine ganz andere „Stabilität“ als ich sie aus dem Mund des Bischof zu hören vermag.