Viel mehr und wesentlich weniger in Balance bringen helfen

Wesentlich_Logo_250Ein Thema, das sich in den letzten Jahren verdichtet hat, ist die Frage nach dem Mehr oder Weniger. Ein Freund schildert dieser Tage, dass bei ihnen in der Firma wieder Veränderungen anstehen. Sie am Bau „ganz draußen und herunten“ – wie er sagt – werden von der Firma gebeten, die „Einsparungspotentiale zu benennen“. Sein Ton zu dieser Erzählung hat einen wütenden Unterton: „Oben werden es immer mehr und wir unten bekommen immer weniger. Die Arbeit wird mehr und die Hände dafür sind weniger.“ Kopfschütteln, weil aus der Zitrone nichts mehr herauszupressen ist. Es geht nicht mehr weniger. Ich mache ihm den Vorschlag, er soll die Consulter eine Frage mitgeben, die für ihn eine echte Hilfe wäre. Sage ihnen, du möchtest beim nächsten Zusammentreffen gefragt werden: „Wen von uns hier oben könnt ihr hier draußen, unten brauchen?“ Diese Tatsache wäre mehr gutes Leben am Bau und würde die überfüllten Büros etwas lichten. Oben weniger und unten mehr – Hände und Menschen.

Orden suchen seit Jahrhunderten die Balance von Mehr und Weniger

Diese Tatsachen ziehen sich durch viele, vielleicht alle Bereiche der Gesellschaft. Immer mehr für oben und immer weniger für unten. Die Eliten treiben die Menschen mit Versprechen und der Weckung von Sehnsüchten zum allgegenwärtigen Mehr. Die drei evangelischen Räte – Ehelosigkeit, Gehorsam und Armut – sind für Ordensfrauen und -männer konstitutiv. Individuell leben sie ohne Besitz und Güter. Was einer Gemeinschaft zur Verfügung steht, nutzen sie gemeinsam. Nicht alle bekommen dasselbe, sondern jede und jeder bekommt das, was er oder sie braucht. Das verlangt ein gutes Hinhören, einen Gehorsam aufeinander. Das Zurückgeworfen-Sein auf sich selber, weil die ehelose Lebensform einen radikalen Weg der Nachfolge Jesu eröffnet, wird für Ordensleute in der Gemeinschaft „aufgefangen“. Die Sehnsucht nach mehr Gemeinsam heute ist dort seit Jahrhunderten auf dem Weg. Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine bleibt. Deshalb ist er oder sie in der Gemeinschaft „eingebunden“. Das Ich ist im Wir eingebettet und heute würde man von einem „Cohousing mit spiritueller Ausrichtung“ reden. Strukturell sind die Orden ganz nahe an den Sehnsüchten der jungen Leute heute. Sie sagen zum Großteil: Weniger Einfamilienhaus und mehr gemeinschaftliche Wohnformen. Karriere und Konsum werden zum Teil radikal hinterfragt. Das verbindet Ordensleute und hellwache ZeitgenossInnen. Wir sind in einer Zeit, wo „Viel“ mit dem „Weniger“, das „Wesentliche“ mit dem „Mehr“ die Balance sucht. Das Maß finden ist eine besondere Herausforderung. Auch wenn alle Politiker es in alle Mikrofone sagen, dass Wachstum Arbeitsplätze schafft. Die wahre Herausforderung besteht heute darin, wie wir Reduktion leben können. Das Ziel ist mehr Ausgleich, mehr Gerechtigkeit. Es gibt nämlich Menschen, die Reduktion als zynischen Ansatz sehen, weil sie ganz arm oder ganz reich sind. Die Ordensgemeinschaften wollen ausbalancieren helfen.