Wirklichkeit sieht man besser von der Peripherie

223_1Mitte und Rand. Das sind nicht nur Begriffe, sondern viel mehr Sicht- und Bewegungsräume. Zentrum und Peripherie gehen mir schon lange nach. #ganzOhr ist für mich die Übung, von der Peripherie und den damit verbundenen Erfahrungen her zu denken. Papst Franziskus hat einer Armenzeitung ein Interview gegeben. Dort wurde er genau nach Peripherie und Zentrum gefragt. Er ist von der „Peripherie“ ins „Zentrum“ Rom gekommen. Er spürt und sieht: Die wirkliche Perspektive Gottes ist die Peripherie. Danke Bernd Hagenkord SJ für die Dokumentation des Interviews.

Der Papst wird gefragt: „Sie sprechen viel von der Peripherie. Woran denken Sie, wenn Sie von Peripherie sprechen? An uns, die Leute aus dem Armenviertel?“

Franziskus antwortet: „Wenn ich von Peripherie spreche, spreche ich von Grenzen. Normalerweise bewegen wir uns in Räumen, die wir auf gewisse Weise kontrollieren. Das ist das Zentrum. Aber wenn wir uns vom Zentrum weg bewegen, entdecken wir mehr Dinge. Und wenn wir dann von jenen Dingen, die wir entdeckt haben, wieder auf das Zentrum schauen, von unseren neuen Positionen, von dieser Peripherie, sehen wir, dass die Wirklichkeit anders ist. Eine Sache ist es, die Wirklichkeit vom Zentrum zu sehen, und eine andere ist es, sie vom entferntesten Ort zu sehen, an den sie gelangt sind. Die Wirklichkeit sieht man besser von der Peripherie als vom Zentrum. Auch die Wirklichkeit eines Menschen, der existenziellen Peripherien und sogar die Wirklichkeit des Denkens. Du kannst ein sehr scharfes Denken haben, aber wenn du dann jemandem gegenüberstehst, der außerhalb dieses Denkens ist und du irgendwie die Berechtigung deines eigenen Denkens suchen musst, und zu diskutieren beginnst, dann wächst du an der Peripherie des Denkens des anderen.“