Wohin läuft der Selbstläufer?

Entweder hat sich meine Wahrnehmung verändert oder es taucht in letzter Zeit tatsächlich das Wort „System“ immer häufiger auf. In der Furche lese ich die Headline: „Unser System zerstört sich selber„. Stephan Schulmeister, Michael Fleischhacker und Wilfried Altzinger diskutieren, reden, analysieren. Im heutigen Standard wird das Gespräch mit dem Rechnungshofpräsidenten Josef Moser so getitelt: „Die Strukturen haben ein Eigenleben entwickelt„.

Flucht und Alternativen

IMG_4858Die eine Betrachtung redet schon vom Ende und die andere davon, dass das System selbständig dorthin unterwegs ist. Von einem guten Bekannten weiß ich, dass die 17.000 Eingaben zur Verwaltungsvereinfachung in OÖ nicht von der Verwaltung bearbeitet werden, sondern von einer externen Agentur. Die BeamtInnen dürfen einstweilen zu, über und in ländlichen Vorgärten „arbeiten“. Eine Veränderung von außen wird nicht gelingen. Politischer Druck hin oder her. Anreize, die einmal geschaffen wurden, sind zum Job der Verwaltung selbst geworden. Das Steuergeld steuert sich selber in die Selbst-Bedeutung. Beispiel: Hat es früher einen Pokal als Anreiz gegeben, so wird heute das Training damit kontrolliert. Die Kontrollore kontrollieren einander und damit die Kontrolle nicht aus der Kontrolle gerät, wird der Kontrollausschuss tätig, besser sitzend. Wichtig dabei ist, dass für jede und jeden etwas abfällt. Eine ausgeglügelte Hierarchie der Kontrolle hält alles unter Kontrolle. Das Gütesiegel der AMA findet ihre Güte in der Kontrolle auf 17 Ebenen. Der Bauer fährt nicht nur gegen das Wetter, noch mehr gegen die Kontrollore, die ihn vom Arbeiten aufhalten. Würden alle Kontrollore einen Tag helfend von Bauernhof zu Bauernhof ziehen, dann wäre viel gewonnen. Die Gastronomie dürfte ein ähnliches Schicksal erleiden. Es ist einfach nicht mehr lustig, wenn –  im Bild – beim Fussballspiel dauernd der Rasen, die Linien, der Ball, die Socken, die Schuhe, das Leiberl, die Torstangen kontrolliert werden. Da stehen bald mehr Kontrollore am Feld als Spieler. Ich wette: Die Kontrollore haben ihren Spaß miteinander und werden bald ein Seiterl auf den Fußball trinken. Die Zuschauer und die Fussballer werden heimgehen. Wo waren wir? „Unser System zerstört sich selber.“ „Strukturen haben ein Eigenleben entwickelt.“ Gut, dass wir die Excel-Listen haben, in die wir alles hineinschreiben können. Diese lassen wir in Mega-Studien zusammenfließen und kontrollieren so die Zukunft. Seit wann steht dieser Satz auf meinem 12-Sätze-Zettel? „Die Flucht aus der Excel-Zelle muss uns gelingen.“ Mehrere Jahre. Gut, dass auf dem Titel des „brennstoff“ von Heini Staudinger steht: „Gemeinsinniges Wirtschaften“. Es wächst eine Alternative, ein neues Miteinander, das ich nicht System nennen möchte. Dieses Miteinander lebt vom Vertrauen, Subsidiarität und Solidarität.