Cornwall und 220 km auf dem Coast Path

2_Coast Path Schild„Das Wasser nimmt sich Land und das Land gibt dem Wasser“. Das war ein immer wiederkehrender Gedanke in den 12 Tagen am Küstensaum in Cornwall (Südwestengland) am Coast Path. Das Wetter war uns gnädig und hat fast ausschließlich eine wunderschöne Mischung aus Sonne und Wolken über dem Atlantik in diesen Tagen für uns zusammengebraut. Einmal gab es am Ende des Tages intensiveren Regen und vielleicht 2-3 Mal so etwas wie „liquid sunshine“.

Wir lassen uns überraschen

1_FalmouthFix war unsere Cornwall-Zeit (ich sage unsere, weil ich diese Tage mit meiner Frau Gerlinde unterwegs war) eingerahmt vom Hin- und Rückflug. Sonst haben wir nichts weiter vorbereitet. „Surprise Factor“ – wir lassen uns wirklich überraschen. Unseren Ausgangspunkt haben wir mit Falmouth festgelegt. Diese Stadt ist mit dem Zug von London aus gut erreichbar. Fest stand auch, dass wir pro Tag etwa 5-7 Stunden am „Coast Path“ gehen wollen. Unterkünfte werden uns in Form von Bed & Breakfast „entgegenkommen“. Das war unsere Annahme. Es war immer knapp, hat aber doch immer funktioniert. Unsere erste Lernerfahrung war, dass wir die absolute Hochsaison der Ferien der Engländer Anfang August erwischt hatten. Bei allen B&B’s hat uns das Schild „No Vacancies“ begrüsst. Davon ließen wir uns nicht abschrecken und haben trotzdem gefragt. Die unglaubliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft hat uns dann eine Lösung gebracht. Kommunikation und Schwarm-Intellegenz bringt Lösungen. Internet stand uns für Recherche nicht zur Verfügung. „Durch’s Reden kommen d’Leut zam.“ Stimmt. Zwei Mal war es allerdings knapp. Aber: Es hat geklappt.

Unglaubliche Vielfalt

6_Kynance CoveDer Weg selber war hervorragend ausgeschildert und auch gut gepflegt. Einmal fragten wir einen Mann, weil wir uns nicht sicher waren auf dem „Inland Footpath“, die wir dort und da genommen haben, um auch das Hinterland etwas kennenzulernen. Er hat uns hilfsbereit den Weg erklärt und angefügt: „Immer schön links halten, dann kann nichts schief gehen.“ Eben: Zu linker Hand war immer das Meer und rechter Hand diese unglaublich vielfältige Landschaft. Durch das Auf und Ab haben wir täglich unsere Höhenmeter gemacht. Die Pflanzenwelt war ebenfalls sehr unterschiedlich. Am Weg der „Ostküsten“ entlang war die Pflanzenwelt „südlicher“ bis hin zum Dschungel. An den „Westküsten“ war der Wind und die Wellen rauher somit auch die Pflanzenwelt wie auf höher gelegenen Almen. Die Steilküstenabschnitte waren noch dazu imposant und zum Teil nicht ungefährlich, wenn es zwischen 80-100 Höhenmeter senkrecht hinuntergeht. 24_pub_stivesDort und da holt sich das Meer Land und solche Abschnitte sind dann mit „Danger“ gut gekennzeichnet. Genau diese Abschnitte lassen in mir die Meditation von Zeit und Ewigkeit aufkeimen und lehren einem das Leben als Geben und Nehmen, als Widerstand und Ergebung, als fest und flüssig. Die Ellipse als „Lebensansicht“ taugt auch hier.

Nüchtern und herzlich

22_zenor_kreuzCornwall ist eine „ärmere Gegend“. Die Moderne ist in den aufgelassenen Bergbaugruben stehen geblieben. Pubs sind nicht modernisiert, aber wunderschön und ursprünglich. Die Felder, Wiesen und Weiden sind mit den Steinwällen eingezäunt. Alles ist kleinstrukturiert und „belassen“. Das ist das Besondere. Es ist nicht so, dass hier die Zeit stehen geblieben ist, sondern viel mehr hat die Zeit stehen gelassen. Wir haben viele Menschen getroffen und sie haben Freundlichkeit ausgestrahlt. Viel Land gehört dem Adel und dieser hat festgelegt, dass die Landwirtschaft biologisch betrieben werden muss. Das ist schon ein gesünderer Ansatz. Gut auch, dass der Tourismus gekommen ist. So können die lokalen Spezialitäten verkauft werden. Ich möchte nicht dem Gestern das Wort reden, aber vieles, was wir hier und heute tun („Das muss sich rechnen.“), führt doch auch nicht in die Zukunft. Das Land ist nüchtern schön und die Menschen herzlich gastfreundlich. Das haben wir am Weg erlebt. Nicht nur bei den GastgeberInnen.

Es ist teurer geworden

28_haus_inselÜberrascht hat uns etwas der Preis in den B&B’s. Zugegeben: Hochsaison und immer in einem der Küstenorte. Zugegeben: Die Qualität war ausgezeichnet und die Frühstücke haben alle „Stückerl“ gespielt. Zugegeben: Die sanitären Einrichtungen waren fast immer neu und intakt. Insofern ist teuer auch wieder relativ. 80-90 Pfund haben wir im Normalfall gebraucht. Das Hostel in Penzance oder das Bed without breakfast in Mevagissey direkt am Hafen waren billiger und auch sehr sauber, ja lieblich. Es wurde uns mit jedem Tag klarer, dass genau diese Dienstleistung hier lokal die einzige Einnahmequelle für viele ist. Und: Qualität hat seinen Preis. Wir selber waren auch zufrieden, weil wir 100% der Wertschöpfung direkt im Ort gelassen haben. Niemand hat „mitgeschnitten“.

Unsere RouteMap Route Cornwall

7_ÜbergängeStart in Falmouth direkt am Strand bzw. Bahnhof. Coverack war unsere erste Übernachtung. Der zweite Tag führte uns zum südlichsten Punkt von England und in ein B&B in Lizard. Von dort ging es am dritten Tag über die wunderbare Kynance Cove bis nach Portleven. Das Regenwetter am Abend und ein fehlendes B&B hat uns mit dem Bus  nach Penzance ins dortige Hostel geführt. Am nächsten Tag starten wir in St. Just Richtung Norden und finden in Zennor ein wunderbares B&B. Den Samstag verwenden wir, um am Coast Path und zum Teil „inland“ nacht St. Ives zu kommen. Wunderbare Stadt, wo wir auch den Sonntag gehfrei verbringen. Am Montag früh starten wir wieder los und abends kommen wir nach Portreath, wo uns Emma im eigenen Haus noch ein Zimmer zur Verfügung stellte. Danke. 9_dis_shaftsNach dem von ihr und ihrem Mann zubereiteten Frühstück gehen wir nach Perranporth, wo uns Emma bei Bekannten im St. Georges Landhaus angekündigt hat. Nochmals Danke. Über Sanddünen und Steilküsten kommen wir nach Newquay und finden ein B&B gleich im Stadtkern. Wir wechseln mit dem Bus wieder an die Ostküste und gehen von Charlestown nach Mevagessey. Die Nächtigung im „Harbour House“ direkt am Hfen, das wir eher zufällig gefunden haben, wird uns positiv in Erinnerung bleiben. Gehend machen wir einen Abstecher in 29_heligans gardenThe lost Gardens of Heligan“ und in weitem Bogen gehen wir nach Pentewan, wo wir den Bus nach St. Austell und von dort den Zug nach Plymouth nehmen. Am Abend erwartet uns bei schönem Wetter die Stadt, die von 21. auf 22. März 1941 bei einem Bombenangriff fast ausgelöscht wurde. Den Samstag wollten wir für Besichtigungen nutzen. Es hat ganzen Tag stark geregnet und so haben wir im einen oder anderen Cafe darüber gesprochen, „was gewesen wäre, wenn wir dieses Wetter beim Gehen gehabt hätten“. Berührt hat uns unmittelbar vor der Abfahrt der Besuch der „Charles Church“, die als Mahnmal gegen den Krieg verfallen wird und ohne Dach ist. 29_charles_churchAm Samstag um 23 Uhr steigen wir in Plymouth in den Bus der National Express ein und sind um 5.30 Uhr in London Heathrow. Der Bus ist um einiges billiger als der Zug und verkehrstechnisch passender zu unserm Flug um 8 Uhr nach Frankfurt – Linz gewesen. Alles in allem waren wir ca. 220 km „on and near the Coast Path“ unterwegs.

Coast Path Association