Es wird im Gehen gelöst. Deshalb mache ich mich immer wieder zu Fuß auf den Weg, diesmal vom Bergdorf nach Ottensheim an der Donau. Vier Stunden auf Wegen, querfeldein und einfach diagonal über frühlingshafte Wiesen Richtung Ziel. Erstmals in meinem Leben erreiche ich so den „Koglerauer-Spitz“ (Gipfel auf 685m) , dahinter am Abstieg der Köglerhof von Klaus und Elisabeth, die ganze Zeit Sonne im Gesicht.
Nach dem steilen Abstieg führen mich meine Schritte die Stufen hoch auf die Sonnenterrasse des Köglerhofes. Es ist noch geschlossen. Trotzdem setze ich mich, halte die Nase hoch, der Sonne entgegen. Es dauert nicht lange. Klaus kommt aus der Tür: „Servus Ferdl“. Wir kennen einander seit meiner Unterrichtstätigkeit in der Krankenpflegeschule vor etwa 30 Jahren. Klaus und Elisabeth haben damals (ca 1994) den Köglerhof auf Leibrente übernommen, ihn biologisch bewirtschaftet und im Laufe der Jahrezehnte das daraus gemacht, was er heute ist: ein gastfreudlicher Ort in jeder Hinsicht. Das ist eine schöne, aber lange Geschichte. Wir plaudern über die Entwicklung „ihres Projektes“. Biologisch war damals noch pionierhaft. Und so kommen wir in unserem gegenseitigen Erzählen auf das Saugartl.
Klaus hat damals begonnen, den Schweinen einen ganz kleinen Auslauf zu geben. Das war damals nicht üblich. Sie durften ins Freie, sich bewegen, die Sonne auf den Borsten. Dem Altbauern war das suspekt. Wenn die Schweine herumlaufen, verlieren sie doch ihren Speck. Dann hat Klaus die Schweine überhaupt auf der Wiese gehalten. Das hat beim Altbauer Erinnerungen wachgerüttelt: Früher hatte doch jedes Haus ein Saugartl. Dort haben die Schweine mit ihrem Rüssel „gesucht“, gewühlt, im Dreck gesuhlt. Der Altbauer – so erzählt Klaus – hat sich dann weiter zurück erinnert: Erst im Krieg hat man die Schweine in ein dunkles Loch gesperrt, damit sie von den Nazis nicht gefunden wurden, später von den Besatzungstruppen. Und genau das ist im Grunde bis heute so geblieben, dass Schweine auf engstem Raum drinnen gehalten werden. Siehe Massentierhaltung. Und Klaus erzählt, was der Altbauer damals für einen auch für ihn überraschenden Schluss gezogen hat: „Wenn man das so bedenkt, sind die Schweine die letzten Kriegsgefangenen.“Ich muss schmunzeln. Eigentlich fein gedacht, denke ich mir.
Bei Klaus und Elisabeth sind sie befreit, die Schweine und haben wieder soetwas wie ihr großzügiges Saugartl. Es kommen Gäste die Stiege hoch, der Gastgartenbetrieb beginnt, unsere Zeit für die Erzählungen neigt sich dem Ende, mein Wanderstock will wieder gehen. „Danke“. „Servus“. Es geht weiter, hinunter, hinauf, von dort einen Blick zurück auf diesen Ort der Gasfreundschaft und des mitweltgerechten Wirtschaftens. Ich gestehe: Genau solche Überraschungen und Begegnungen mag ich, sind so fein nährend und lassen mich die Welt als guten Ort erleben.