Das zahlt dir doch keiner

Es ist schon finster. Am Heimweg liegt ein Mexikaner, der wunderbares Jambalaya kocht. Das schmeckt nicht nur gut, sondern lässt Erinnerungen an meinen New Orleans Aufenthalt im November 2011 aufkommen. Diese Erinnerungen sind immer noch nährend und lebendig vor mir. Noch dazu gibt es den ganz aktuellen Link auf die Philippinen und wie dort mit dem Desaster umgegangen wird. Ich sitze alleine und deshalb sind meine Ohren geöffnet. Ich habe es mir auferlegt, dass ich beim Essen esse. Das hält alle Sinne offen. Das Lokal war gut gefüllt und neben mir sitzen drei Damen, die mit selbstbewusster Stimme sprechen. Ich bin nicht mehr ganz bei mir, als eine der drei Frauen den Satz „Das zahlt dir doch keiner“ ausruft.

Die Ökonomie hat die Bildung im Griff

wingsDas Gespräch ging neben mir weiter und es viel immer schwerer, beim Essen zu bleiben. Es ging um Vermietungen und Wohnungsadaptierungen. Die Kosten dafür sollen voll auf den Mieter übergewälzt werden. Es war die Mutter, die die Tochter warnte, „nur ja nichts zu tun, was dir keiner mehr bezahlt“. Die Tochter hörte und war hörig. Die „beliefs“ für das harte Leben wurden gerade geschärft: Ganz gleich welche Kosten anfallen, immer den anderen zahlen lassen. Ich klinkte mich so gut es ging wieder aus. Nach der Bezahlung bekomme ich mit, dass sie beraten, wer die Rechnung nimmt „für die Finanzministerin“. Meine Gedanken waren aber schon weiter gegangen. „Das zahlt dir doch keiner“ hat ganz andere Kontexte gesucht. In der Pfarre habe ich das nie gehört. Beim Sportverein war das nie Thema. Und ich denke an die Lehrerinnen und Lehrer, die zum weitaus größten Teil (Wer ist 100%-ig?) diese Frage bisher auch nicht kannten. Da wird vorbereitet, das Wohnzimmer ausgelegt, die Familie zum Sammeln von Unterrichtsmaterial eingesetzt, mit dem privaten Handy telefoniert und das Auto wird selbstverständlich als Transportmittel verwendet. Der Sonntagsausflug geht dorthin, wo der Schulausflug hingehen wird. „Das zahlt dir doch keiner“ höre ich es wieder in der Auseinandersetzung der drei Frauen, die sich als Oma, Mutter und Tochter entpuppen und das Lokal verlassen. Das Lehrerdienstrecht steigt auf. Ich kenne es nicht im Detail, sondern aus der Sicht von Betroffenen. Bildung ist die Zukunft, höre ich es immer wieder. Ich bekomme im Büro mit, wie viele LehrerInnen in Ordensschulen jenseits von Bezahlung arbeiten. In den Medien höre ich nur monetäre Aspekte. Die Regierung, die Gewerkschaft und die Stundenanzahl sind die „Power-Wörter“, die vielen schon auf die Nerven gehen. Es geht ums Geld. Das ist die Körpersprache dieser Diskussion. Es geht ums Geld. Ich bin mir sicher, LehrerInnen werden das lernen: „Das zahlt dir doch keiner.“ Die SchülerInnen werden es spüren und die Eltern werden es ausbaden, dass die hohe Ökonomie die Ober-Bildungsministerin geworden ist. Ich muss es ein siebzehntes Mal betonen: „Die Flucht aus der Excel-Zelle muss gelingen„. Die Furche schreibt heute: „Das neue Lehrerdienstrecht setzt nahtlos die seit Jahrzehnten betriebene Demontage des Schulsystems fort und fügt sich bestens in ein gesamtgesellschaftliches Bild.“ (Seite 1). Im Standard von heute sitzt die Bildungssprecherin der Grünen twitternd im Parlament und erklärt im Interview ein paar Seiten weiter. „dass die Freiheit der Forschung längst verloren ist.“ An die Stelle Gottes ist getreten: „Das muss sich rechnen.“ Lenzing entlässt hunderte MitarbeiterInnen, weil der Gewinn geringer ist. Der Gewinn, wohlgemerkt. „Verzichten wir doch auf Kontrolle“ hängt im Büro hinter mir und es ist die Seite 14 aus dem Falter  45/13. Der Philosoph Martin Hartmann sagt auf die Frage: Macht Qualitätsmanagement stets besser?: „Nein“. Aber: Studien und Excel-Listen werden bezahlt. „Das zahlt dir doch keiner“ gilt hier nicht.