Liebe Weggefährt:innen für Demokratie hier am Hauptplatz in Linz!
Unsere Demokratie ist gefährdet, weil alle Demokratie plakatieren, aber bei weitem nicht alle die durch die Verfassung geregelte liberale Demokratie im Sinn haben. Das macht einen gewaltigen Unterschied. Wenn wir einander anschauen hier am Hauptplatz in Linz, dann bin ich überzeugt, dass uns ein Demokratieverständnis verbindet, das sich in Schlüsselworten und Grundhaltungen in etwa so ausdrückt.
Fast wie bei einer Litanei bete ich diese hinein in unseren sozialen Resonanzraum hier bei dieser Demonstration:
Partizipation und Teilhabe für alle und mit allen
Das Gemeinwohl und Commons in den Händen aller
Meinungs- und Pressefreiheit ohne strukturelle Leinen der Machthabenden und des Geldadels
Vielfalt und Diversität auf Augenhöhe
Gerechtigkeit, Fairness und Solidarität ganz real als Basis für ein gutes Leben aller
Die unteilbare menschliche Würde jeder Person und Chancengerechtigkeit in allen Bereichen des Lebens, auch in der katholischen Kirche selber.
Der Wert der haptischen Begegnungen, der Greifbarkeit und Angreifbarkeit.
Eine Freundin aus Deutschland fragte mich dieser Tage, ob es bei uns in Österreich auch so arg ist mit dem Rechtsradikalismus und dem Rechtspopulismus.
Ich musste ihr sagen: Ja, aber bei uns will man das nicht sehen, nicht hinschauen, eher zudecken. Zu viele Menschen wollen nicht wahrhaben, dass mit hoher medialer Professionalität gerade die Stammhirne, die tiefen Instinkte bearbeitet und die Schwächen der Menschen bewirtschaftet werden. In diesen Regionen funktionieren Sündenböcke, Ausgrenzung, dauerndes Vergleichen, Empathielosigkeit und seelische Kälte.
Ungleichheiten werden vergrößert, Ängste werden geschürt und bezahlter Lobbyismus in einem nie dagewesenen Ausmaß betoniert Abhängigkeiten. Dazu dringen „Undinge“ (siehe Byung-Chul Han) in einem Übermaß an marktkonformer Digitalisierung von überall in uns ein.
Deshalb ist zentral für mich und uns als KA: Wir müssen hellwach sein gegenüber allen diesen Kräften, die die öffentlichen Dialogräume zertrümmern und Institutionen der liberalen Demokratie aushebeln, zerstören, für beliebig erklären wollen.
Demokratie jetzt gestalten ist die beste Verteidigung!
Es gibt aus unserem breiten Netz der katholischen Aktion von der KAB ausgehende einen Aufruf zum „Wählen mit Mut, Vernunft und Zuversicht“. Ähnliches sehe ich Gott sei Dank überall auftauchen. Das lege ich uns allen ans Herz.
Darin werden für die Wahl und die demokratische Weiterentwicklung als Kriterien beispielsweise die Beseitigung von sozialer Ungleichheit und Ausschließung, die Option für die Armen und der Einsatz für soziale Gerechtigkeit benannt.
Zentral dabei die Arbeit für Frieden und Abrüstung, dabei die vorrangige Option für aktive Gewaltfreiheit.
An der Anerkennung der Rechte von Migrant:innen und die Kritik an jeder fremdenfeindlichen Mentalität zeigt wahre demokratische Reife, dazu die Sorge für eine „Kultur der Begegnung“ und ein Zusammenleben in kultureller, sprachlicher und religiöser Vielfalt. Vielfalt stärkt und Fremdes bereichert.
Eine neue Mitweltgerechtigkeit schont alles Leben auf dieser Erdkruste und mit den universalen Menschenrechten wird das Band des Zusammenhaltes und der Solidarität hinein in die Zukunft geknüpft, gewoben, gestaltet.
Deshalb sind wir hier, dass dieses Leben für alle möglich wird.
Ich möchte uns allen eine Idee schenken: Vor einiger Zeit sind wir im Cardijn-Haus beisammen gewesen. Es ging thematisch um Demokratie. Da ist die Idee aufgetaucht, dass sich alle den kleinen Fingernagel mit irgend einer Farbe anfärbeln, als Zeichen dafür, sich mit Politik ernsthaft auseinanderzusetzen und sich für eine liberale Demokratie einzusetzen.
Mein kleiner Fingernagel bleibt in diesem Jahr bunt.
Danke, schön und wichtig, dass wir alle da sind.
Linz, Am Hauptplatz,
16. Mai 2024, 18.00 Uhr
@fkaineder