Der Sonntag hat wirklich geruht

Im Kaffeehaus haben sie am Nebentisch in ihrer recht lebhaften Diskussion behauptet: Am siebten Tag sollst du ruhen. Aufmerksam verfolge ich das Gespräch über die Öffnung der Geschäfte. Am heutigen Sonntag mache ich die Erfahrung, dass ab mittag selbst die Pfarren und Pfarrhöfe „ruhen“.

 

 
   

Ein Nach-der-Messe-Kaffee in einem Haus im Schatten des Kirchturmes

Gut gestärkt verlasse ich die Hausgemeinschaft St. Franziskus. Nur ganz vereinzelte Autos begleiten mich nach Traun St. Martin. Um 9.30 Uhr ist dort die Sonntagsmesse. Ich bin schon früher da und kann die Kirche aus den 60er-Jahren auf mich wirken lassen. Das Konzil war noch nicht und doch atmet die Kirche schon diesen Geist. Der Altar hätte nach den liturgischen Erneuerungserwartungen gebaut werden sollen, doch dann musste nach Vorschrift gebaut werden und es wurde gestemmt. Nach dem Konzil wurde wieder gestemmt und der Altar in die Mitte gesetzt. Ein würdiges Feiern und am Schluß Geburtstagsgratulationen an den PGR-Obmann. Sepp Weichselbaumer und seine Frau haben mich zu sich nach Hause auf einen Kaffee eingeladen. Ich habe gerne angenommen. Sepp hat ja doch über Jahre die Pfarren „angestachelt“, mit Hausverstand und geerdeter Spiritualität die Zeichen der Zeit zu verstehen und Hand anzulegen. Er war ja selber in dieser Pfarre über Jahrzehnte im PGR tätig, also basiserfahren.

In nur  4 Monaten 9.000 PfarrheimbesucherInnen

Frischen Schrittes geht es in Richtung Stadtpfarre Traun. Vor gar nicht langer Zeit habe ich dort auf Einladung von Mike Kraml den Weltenwanderer Gregor Sieböck persönlich kennengelernt, und damals auch das neu gestaltete Pfarrheim. Im Inneren hoffe ich, dass ich dort zum Pfarrcafe zurecht komme. Ja. Es waren kurz vor 12 Uhr noch viele BesucherInnen da und bekam sofort Kuchen und Kaffee. Danke. Stefan Hirt, der Pastoralassisitenten, den ich vorgestern in Oedt versäumt habe, sitzt auch darunter, checkt dann noch den Saal für die Ballprobe am Nachmittag. Ein Kurzbesuch im Pfarrhof beim Generaldechant Franz Wild ist auch noch möglich, bevor er zu einer Tauffamilie geht. Dann erst gehe ich in die Kirche und zünde mein Licht an und schreibe Anliegen in das Gebetbuch. Beim Weitergehen denke ich: Glücklich jene Pfarre, die ein so belebtes Pfarrheim hat, wie man sehen kann. Seit der Eröffnung im Oktober waren 9000 BesucherInnen da.

Offen für das Licht vom Himmel her

Ein mächtiges Steinkreuz kennzeichnet den Vorplatz der Kirche von Langholzfeld. Es ist die Kirche zum hl. Kreuz. Eine für mich berührende Pieta. Ich hatte das Bedürfnis, hier zwei Kerzen anzuzünden. An den Kirchenraum müßte ich mich „gewöhnen“. Der schwarze Boden, der schwarze Marmoraltar, Taufstein und Ambo. Sehr nüchtern. Nur die Lichtfüge zur Decke hin zeigt mir, „dass der Sargdeckel noch nicht geschlossen ist“. Lebe jeden Tag so als wäre es dein letzter, fällt mir in diesen Momenten ein. Auf der gesamten Strecke von Traun nach Langholzfeld und Doppel habe ich 4 Personen getroffen. Bei dem Wetter ist wahrscheinlich jede Couch besetzt. Das ist auch Sonntag.

Hier spielt man nicht

 Wenn ich bis vorige Woche Leonding-Doppel gehört habe, mußte ich an meinen Vorgänger in der Dompfarre denken, Domvikar Gottwald. Er war jahrelang hier Pfarrer und ist schon verstorben. Seinen Nachfolger habe ich bei der Klausur kennengelernt. Die Kirche heute. Da ich kein Kirchenbauexperte bin, kann ich nur sagen, wie der Raum auf mich wirkt: wie eine große Halle, die den Blick hinaufziehen will. Schon das Weihwasser ist interessant präsentiert. Während ich hier sitze kommt eine Mutter mit ihrer Tochter und mit ihrem Puppenwagen. Das Kind will herumfahren und ist natürlich nicht still. Die Mutter will sie beruhigen mit dem Argument: „Schau, der Herr will hier beten.“  Ich erzähle der Mutter meine Erfahrung in einer kleinen Synagoge bei meinem einzigen Israelbesuch, wo drei Männer ganz versunken gebetet haben und ein paar Kinder immer mit dem Dreirad um sie herumgefahren sind. „Das stört mich nicht, wenn Kinder kommen“, will ich sie entlasten. Sie meint aber: „Mich schon, hier spielt man nicht.“

Die gewohnte Orientierung war weggesprengt

Wer von Doppel heraufwandert auf das Harter Plateau, der vermisst heute die beiden Hochhäuser. Ich habe sie damals mit eigenen Augen fallen gesehen und sehe jetzt, dass schon wieder viele Wohnhäuser stehen und Pfarrer Ehrenfellner eine eigene Straße bekommen hat: Ehrenfellnerstraße. Die Zeltkirche ist offen und ich kann mir hier selber Licht machen. Es ist finster geworden. Beim Hergehen habe ich lange mit einem Ehepaar gesprochen. Für mich hat der Taufstein eine besondere Festigkeit. Pfarren werden ihren Lebenswillen finden, wenn möglichst viele Getaufte ihre Berufung leben.  Wo nämlich kein Wille, da kein Weg. Diese Pfarre hat ihren Übergang von den Hochhäusern zu den verstreuten Wohnungen gefunden.  Ein kurzes Abschiedsgespräch halte ich noch mit Baumgartinger Christoph, der hier wohnt und als Professor in der Pädagogischen Hochschule tätig ist, dazu Rektor des Schulamtes. Er hat gerade den Kopierer angeworfen und ich die Stöcke zum Hinübergehen nach Linz-Oedt.

Ausdauernde Bodenpastoral in einem neuen Stadtteil

Ich lerne ganz neue Seiten kennen, so die Rückseite mit den Apfelbaumfeldern von St. Isidor. Die gefrorenen Felder sind mein Weg. Nach der Überschreitung der Bahngleise bin ich in Öed, dem Gebiet der Pfarre Heiligste Dreifaltigkeit. Ich frage nach dem Weg durch die vier- bis siebenstöckigen Wohnhäuser. Beim Pfarrzentrum angelangt, gehe ich zuerst in die Kirche, wo Licht brennt. Die Kerze entzünde ich und läute dann bei der Pfarrassisitentenfamilie. Zwei Kinder begrüßen mich. Hier darf ich heute schlafen. Am Plan ist ersichtlich, dass die Kirche ganz zentral positioniert wurde. Der emeritierte Pfarrer Bernhard hat in wirklicher Kleinarbeit immer wieder die Leute besucht, von Tür zu Tür. Der Pfarrassistent bestätigt, dass die Leute auch auf diesen Wechsel, seine Pensionierung gut vorbereitet wurden.

Was mir heute immer wieder unterkommt?

Wir wissen aus der Hirnforschung, dass jene Gehirnregionen, die wir gebrauchen, dazulernen und fit bleiben. Religiöse Praxis kann das fördern. Wir haben aber auch bestätigt bekommen, dass der Mensch dort noch viel mehr aufnimmt und lernt, wo er Begeisterung begegnet. Das ist es, was mich beschäftigt.