Die Einsicht kommt (zu) spät

unvollendetIch war nicht dort. Die Kathpress berichtet über ein Gespräch zwischen dem Publizisten Peter Huemer und dem Erzbischof von Wien Christoph Schönborn. Der Gesprächsort ist für einen Sonntag vormittags um 11 Uhr ungewöhnlich: Wiener Stadttheater. Eigentlich bin ich solchen inszenierten Gesprächen  gegenüber skeptisch. Es geht weniger um den Content, als viel mehr um die Bedeutungssteigerung „beider“ durch den „Kontext des Events“. Die Krone und Heute hat das vor Jahren sehr bald „überrissen“. Ein Kardinal als wöchentlicher Autor erhöht die „Reputation des Blattes“. Da ließe sich medienpolitisch lange diskutieren. Lassen wir den Aspekt hinten und lesen wir in der Kathpress jene Passage, die mich persönlich heute nachmittags „getroffen“ hat. Ich habe – so glaube ich – die Zeit als Kommunikationsleiter  und Presseprecher inklusive entpflichtendem Abgang „gut hinter mit gelassen und fruchbar gemacht im Gehen und Pilgern“. Die Aussage von Erzbischof Schönborn hat mich aber wieder „zurückversetzt“.

Ich klopfe an meine Bischofsbrust

Die Kathpress schreibt: „Dabei ließ der Wiener Erzbischof im Blick auf die Kirchenreformdebatte durchaus aufhorchen: etwa mit dem Eingeständnis, angesichts des päpstlichen Anliegens einer „Dezentralisierung“ der Kirche und einer Stärkung der ortskirchlichen Eigenverantwortung bislang zu zaghaft in Rom aufgetreten zu sein: „Da schlage ich an meine Bischofsbrust: Wir haben uns sicher zu wenig getraut, auch zu sagen, was unsere Situation erfordert und wie wir die Dinge sehen“.“ Das ist zwar selbstkritisch zum Ausdruck gebracht, entspricht aber nicht dem jahrelangen Verhalten der Bischofskollegen Bischof Aichern gegenüber. Einige führende Bischofskollegen und der Vorsitzende der Bischofskonferenz haben sich aus meiner Sicht und Erfahrung sehr viel zugetraut. Sie haben sich als „ausführende Organe vatikanischer Machtzirkel betätigt“. Meine Entpflichtung war auch eine diesbezügliche Auftragsarbeit. Viele von denen, die hier im blog  mitlesen, wissen, dass Bischof Aichern einen breiten Rücken entwickelt hat, „um die Statthalter Roms und Wiens“ von der Diözese Linz in ihrer Entwicklung in die Zukunft fern zu halten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz war hier äußerst umtriebig und hartnäckig, „um die von der privaten Initiative Kathnet aufgelegten Elfer vor dem Tor der Diözese Linz zu verwandeln“.  Es hat mich immer gewundert, wie anfangs Schönborn und Kapellari als Förderer dieser Privatinitiative aufgetreten sind. Was ich hier sagen will: Die Bischöfe haben sich nicht zu wenig getraut, sondern in der Kollegialität zu viel getraut gegen die eigenen Kollegen. Heute wären sie froh, wenn sie so zukunftsorientierte und kommunikationsstarke Bischofskollegen wie Aichern, Weber, Stecher hätten. Die lebenden Altbischöfe sind, wenn sie sich zweimal im Jahr treffen, eine richtige Jugendgruppe. Erfrischend – wie Franziskus, der Bischof von Rom. Bewundernswert, wie sie diese jahrelangen kollegialen Einengungen alle „weggesteckt“ haben. Schön, wenn sich der Kardinal jetzt in mutigen Zeiten von oben auch auf den mutigen Weg hier unten in die Zukunft begibt. Andere werden sagen: Lass die Vergangenheit in der Vergangenheit. Ja und nein.