Die #Votivkirche ist nicht das Problem

Aufnahmen für die Orientierung

Aufnahmen für die Orientierung

Der Weg von der Freyung bzw. U2-Schottentor hinüber in die #Votivkirche ist mir mittlerweile geläufig. Am meisten hat mich persönlich vor ein paar Tagen getroffen, wie ich mit zwei der Refugees länger und intensiver gesprochen habe. Sie sind „gut“ versorgt, aber ihnen fehlen jene Menschen, die mit ihnen fühlen, „from heart to heart“. Sie fühlen sich isoliert in der Kirche, obwohl sie versorgt sind. Die Freiwilligen und die Caritas leisten hier wirklich gute Arbeit. Kontinuierlich und verlässlich. Aber es liegt so etwas von „Heimweh in der Ferne“ in der Luft. Die Männer, von denen ich mittlerweile einige persönlich näher kennengelernt habe, sind gut ausgebildet. Nur: Das Grenzgebiet Pakistan zu Afghanistan bedeutet für sie den Tod. „Vater und Bruder sind tot“, höre ich. Die Kälte der Kirche erinnert mich an die Kälte im Linzer Dom und ich weiß: Das kann nicht immer so dahingehen. Das ist trotz der „Schicksalsgemeinschaft“ keine Bleibe. Die Kälte, nichts essen und die Isolierung. Ein Wunder, dass die Hoffnung hier noch nicht erfroren ist. Eher habe ich den Eindruck, dass die Hoffnung klarer zum Ausdruck kommt. Es ist eine tiefe Zuversicht spürbar. Die Kirchenfenster lassen Licht herein und doch ist der Himmel draußen nicht zu sehen. Irgendwie spüre ich eine innere tiefe spirituelle und politische Übereinstimmung und Wärme, die an der äußeren Kälte von außen her kommend scheitert.

Verzweiflungs- und Hoffnungsort

Sr. Beatrix mit und bei den Refugees

Sr. Beatrix mit und bei den Refugees

Wenn ich mit Sr. Beatrix Mayrhofer dort bin, dann merke ich, wie sie aufschauen und ihre Augen an ihr hängen. Sie beginnt behutsam mit einem oder zwei von den Refugees einfühlsam und hörend zu reden. Die Traube um sie herum wird immer größer. Ich selber kann mich auch nicht entfernen, weil ich spüre, dass es ihnen gut tut, wenn ihnen aufmerksam zugehört wird. Ich denke an unsere Aktion „ganz Ohr“ und spüre auch hier, wie viel Kraft von einem nicht urteilenden und nicht moralisierenden Ohr ausgehen kann. Sr. Beatrix betont es immer wieder, dass sie sich hier zu diesen Menschen hergezogen fühlt, aus einem tiefen Antrieb, der aus dem Evangelium kommt. Für die Fernsehsendung „Orientierung“ kommenden Sonntag hat Christoph Riedl ihre Erfahrung“eingefangen“. Sie lässt keinen Zweifel daran, wo sie für die Ordensfrauen und alle Christinnen und Christen den Platz sieht: Bei den verzweifelten Menschen, die an der absoluten Kälte des politischen Machtapparates zu erfrieren drohen. Der Hungerstreik ist die allerletzte Möglichkeit, die eigene Hoffnung und Freiheit und Würde zu bewahren und lebendig zu halten. Das wird nur verstehen, wer sich mit aktiver Gewaltfreiheit auseinandergesetzt hat. Heute habe ich gehört: „Wenn ich nach Pakistan zurück muss, dann kann ich auch hier verhungern.“ Die Gesichter sind grau und die Augen sitzen tief. Der Notarzt hat heute Freitag erstmals Ratlosigkeit signalisiert. Sr. Beatrix verabschiedet sich immer so, dass sie sich vor ihnen verneigt, ihnen ihr und das Gebet von Ordensleuten zusagt. Sie geht und bleibt vor dem Allerheiligsten stehen. Es ist sicherlich ihr persönlichster Moment. Ich selber denke, dass Jesus so viel gewandelt,  entkrümmt, aufgerichtet, gestärkt und hereingeholt hat. Die #Votivkirche hier empfinde ich nicht als das Problem, sondern diese unendliche Kälte, die von außen hereinschleicht und Menschen in die Verzweiflung führt. Im Ministerium sitzen jene, die „Leben“ oder „Tod“ sagen können. Sie haben diese Freiheit. Sie hätten sie. Nein: Sie haben sie.

Hier der Link zum einfühlsamen Orientierungs-Beitrag von Christoph Riedl zur #Votivkirche.