Die wundersame Gasse

Die wundersame GasseEin besonderes Kinderbuch hat seinen direkten Weg mithilfe der Autorin selbst zu uns ins Bergdorf im Mühlviertel gefunden. Eine am Dachfirst dahinbalancierende Frau, eine am Dach wandelnde Katze und fliegende Samen vom verblühenden Löwenzahn ziehen auf die Titelseite die Blicke an. Eine bunte Häuserzeile ist der Ort des Geschehens. Andrea Krakora und Stefanie Pichler erschaffen hier einen vielfältigen Flecken Erde.

„Die Häuser dort sind alle ziemlich bunt. Die Bewohner auch. Sie sind bunt und nicht mehr ganz jung. Die Häuser und die Bewohner passen gut zusammen.“ Unseren Enkelkindern (6, 5, 2) gefallen die Geschichten mit dieser „toleranten und auf Vielfalt gründenden Grundtonalität.“ Nicht nur ihnen. Spannende Charaktere gehen Seite um Seite durch die Gasse, prägen diesen Ort mit ihren Eigenarten und lassen eine oft lautlose und doch kribbelnde Lebendigkeit spüren, bei Tag und bei Nacht. Obwohl jede Figur eine besondere Ausgabe der Individualität ist, spannt sich ein innerer Faden der Zusammengehörigkeit, ja des Hinhörens, des achtsamen Hinschauens aufeinander bis hin zur letzten Seite. Auch wenn die Gasse eng scheint, ist das Leben dort weit und vielfältig. Es entsteht der Eindruck, dass alle „Lust aneinander“ haben und sich in dieser ritualisierten Form des Lebens mehr brauchen, als sie vielleicht ahnen. Sie leben sozusagen in der Gasse der „großen gemeinsamen Vielfalt“.

Einer geht durch die Nacht

Da lebt eine Frau Elsa in einer Welt aus Watte und dort  schmettert Herr Ziegebrecht ein lautes „TÄTARÄÄTÄÄ-TATÄÄ-TATÄÄ“ so in den Morgen, dass sich alle die Haare raufen und kräftig schimpfen. Der Mann, der seine Schritte zählt, wird schon erwartet, weil ohne ihn der Tag nicht beginnen kann. Frau Rosa Schlag sitzt gerne auf der Bank und Herr Malik und Herr Trost gehen oft die Gasse gemeinsam auf und ab. Manchmal sprechen sie mit den Armen wie mit Luft-Akrobaten-Armen und der andere ist ganz Ohr. Frau Wunderlich blickt aus dem Fenster und das Haus von Frau Eleonore steht ganz am Ende der Gasse, wohin Herr Wortlos gerne kommt, sich ins Gras setzt und darüber nachdenkt, „wieso ihm oft die Worte fehlen“.  Mitten drinnen eine Seite, die die Enkelkinder wirklich spannend finden. Ein Lichtkegel fällt auf einen Mann, von dem es heißt: „Einer geht durch die Nacht. Während alle anderen schlafen.“ Er blickt, und blickt, geht auf leisen Sohlen und freut sich darüber, dass die Welt in der Nacht ganz anders aussieht. „EINER mag es, wenn er allein in der Nacht durch die anders aussehende Welt streift.“ Das mögen auch Kinder sehr bald, die Nacht erspüren und sich dem emotionalen Wechselbad der Gefühle aussetzen.

Die Titelseite