Für 30 Kilometer 1.115 EUR

Das schmerzt. Als begeisterter Öffi-Fahrer seit Jahren erreicht mich dieser Tage via Twitter aus dem Büro Gewessler die Nachricht, dass das österreichweite 123-Ticket nicht mit 1. Jän 2021 kommen wird. Meine OÖVV-Jahreskarte mit einem Radius von 30 Kilometer vom Bergdorf über Linz und Ottensheim kostet die Linzlinien inklusive 1.115.- EUR, wenn der Linzaufschlag von 200.- EUR gleich geblieben ist. Versprochen waren 1.095.- EUR für ganz Österreich.

Die Linzer Stadtbahn und das Warten auf die Unterschrift aus Wien“ titelt heute 27. Nov 2020 Markus Staudinger seinen „Hintergrund“.  Auf Twitter wurde aus dem Büro Gewessler meine Anfrage, wann das 123-Ticket jetzt fix startet, vor einer Woche geschrieben: „Irmi Salzerin @IrmiSalzer 22. Nov. Antwort an @fkaineder: Nein, am 1.Jänner kommt es noch nicht. Bitte Karte verlängern, es wird Umstiegsmöglichkeiten geben.“ Meine Anfrage habe ich deshalb gerichtet, weil meine OÖVV-Jahreskarte bis 10. Dez 2020 verlängert werden soll durch die Einzahlung meines Jahresbeitrages. Inzwischen hat auch der OÖVV mit einem standardisierten Email geantwortet: „Leider können wir Ihr Ticket bei der Verlängerung noch nicht auf das 1-2-3 Ticket umstellen. Wir wissen selber noch nicht wann und in welcher Form dieses Ticket auf den Markt kommt. Ein Uprade [gefragt habe ich nach einem Upgrade] ist darum leider nicht möglich. Wenn das 1-2-3 Ticket auf den Markt kommt, können Sie Ihre Jahreskarte immer mit einem Monatsersten stornieren. Die Karte wird dann storniert und Sie erhalten – anteilsmäßig auf 10 Monate gerechnet – den Restbetrag abzüglich € 10,00 Bearbeitungsgebühr auf Ihr Konto rückerstattet. Bitte den IBAN mit der Jahreskarte mitsenden.“ Die OÖVV-Jahreskarte für 2021 ist auch teurer geworden. Die Fahrgäste werden weniger, auch wegen Covid19. Das Auto feiert seine Plausibilität entlang von billigem Treibstoff und der abgeschlossenen Bequemlichkeit und Sicherheit. Dabei gehen in und um Linz gehen gerade mehr als zwei Milliarden in den Straßenverkehr.

Sie wollen nicht

FP-Verkehrslandesrat Günther Steinkellner macht  auch heute in den OÖN wieder den Ahnungslosen und das Wien-Opfer. In meinem Schriftverkehr mit ihm und dem OÖVV lässt sich zwischen den Zeilen immer wieder eines herauslesen: In Wirklichkeit WOLLEN sie den Öffi-Verkehr nicht fördern. Sie sehen das als Minderheitenprogramm und sind sich der Tragweite ihres Nicht-Wollens überhaupt nicht bewusst. Siehe Klimawandel. Der Auto-Fokus bringt Wählerstimmen. Das E-Auto macht dabei ein ruhiges Gewissen, obwohl damit der nicht steigerbare Individualverkehr weiter zunimmt. Ich frage Herrn Steinkellner: Warum blockieren sie das österreichweite 123-Ticket, obwohl für den OÖVV keine Mehrkosten zukommen? Warum erhöhen sie die Preise für einen Radius von 30 Kilometer auf regionaler Ebene, wenn ein österreichweites Ticket mit einem niedrigeren Preis im Raum steht? 1.095 zu 1.115. Können sie sich vorstellen, dass begeisterte (und genauso banal auf den Öffi-Verkehr angewiesene) Kundinnen und Kunden sich irgendwie vertröstet, getäuscht, im Stich gelassen vorkommen? Immer wieder meinen sie, dass zuerst die Angebote geschaffen werden müssen und dann das Ticket kommen kann. Henne und Ei grüßen.

In einem schon länger zurückliegenden Telefonat mit dem OÖVV hat die Stimme aus dem Telefon gemeint: „Wir können noch nicht auf das österreichweite und auf das oö-weite 365-EUR-Ticket umsteigen, weil uns in Freistadt noch zwei Busse fehlen.“ Ich lehnte mich damals zurück, dachte an meinen Lateinprofessor und seinen Ausspruch nach einer misslungenen Prüfung: „Herrgott, nimm mir alles, nur die Ausrede nicht.“ Covid zeigt doch gerade jetzt, „was alles geht“. Milliarden werden bewegt, in die Hand genommen, eingesetzt und dann scheitert das 123-Ticket, blockiert von Verkehrslandesräten wie in Oberösterreich, am nicht vorhandenen Willen, es zu wollen. Hat wer meine Begeisterung davonhuschen gesehen?